Januar 8 2016

8. Weißbier-Variationen für alle Jahreszeiten – Bierverkostung Januar

Unertl Weißbier Original | Schneider Weiße Tap 2 – Mein Kristall | Hoegaarden Wit Blanche | Hopfenstopfer Citra | Schneider Weiße Tap 6 – Unser Aventinus

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Während ich gerade Stefan´s Indian Ale von Maisel & Friends genieße, welches leider nicht in die Wertung eingehen kann, da es schon abgelaufen ist, möchte ich von meiner Bierverköstigung am vergangenen Montag berichten.

Im Gasthaus zur Eule in Brühl präsentiert der Brühler Biersommelier Markus Weick seit November am Anfang jeden Monats verschiedene Biere zu unterschiedlichen Themen. Die oben genannten Biere machten zum Thema Weißbier für dieses Jahr den Anfang. Ein Bier welches auch schon Klaus Augenthaler zu schätzen wusste:

„Das Gute am Weißbier: Es kann von Elf Uhr morgens bis zum Frühstück getrunken werden.“

In gemütlich uriger Atmosphäre wurden zunächst sogenannte TEKU-Gläser und Verkostungskarten verteilt. Erstere sind speziell für Biere konzipierte, sodass eine intensivere Sinneswahrnehmung bei der Verkostung ermöglicht wird. Letztere beinhalten auf der einen Seite nützliche Informationen zur Wahrnehmung und Einschätzung der zu verköstigenden Biere. Auf der anderen Seite hatte man dann die Möglichkeit, seine individuelle Bewertung zu jedem vorgestellten Bier zu notieren, welche vom Biersommelier im Anschluss ausgewertet werden.

Bewertungsbogen_blanko-AOhne langes Aufwärmen wurde direkt mit dem ersten Bier gestartet. Das Unterl Weißbier wurde ringsum eingeschenkt und zunächst gemäß Aussehen und Geruch begutachtet. Der deutlich erkennbare bananige Geruch mit leichter Zitrus-Note wurde begleitet durch eine für ein helles Weißbier ungewöhnlich dunkle Bernsteinfarbe. Auch geschmacklich überrascht das Unertl mit einer leicht gehopften Milde. Grund hierfür – so erklärte Markus Weick – sei die offene Gärung, welche Unertl für alle Biere anwendet. Während der Verkostung gibt es derweil allerlei interessante Informationen zur Brauerei, zum Brauverfahren oder zum historischen Hintergrund. So wird die Farbe des Bieres in erster Linie durch die Färbung des Malzes bestimmt. Diese wiederrum ist abhängig von der Temperatur mit der das zuvor gekeimte Gersten- oder Weizenmalz erhitzt wurde. Der Weizenmalzanteil beim Unertl beträgt 70% – ein Umstand, welcher einen äußerst vollmundigen und harmonischen Geschmackseindruck vermittelt. Eine Besonderheit der Unertl-Brauerei ist außerdem, dass es eigentlich zwei Brauereien sind, welche von zwei unterschiedlichen Familienzweigen der Gründerfamilie betrieben werden. Bei diesen Unertl-Brauereien handelt es sich im Übrigen um reine Weißbier-Brauereien.

SAM_0249Aus einer ebenfalls reinen Weißbierbrauerei entstammt das nächste Bier. Das Tap 2 von Schneider Weisse – eine der größten noch privat betriebenen Brauereien Deutschlands – ist als Kristallweizen im Gegensatz zum Unertl eher was für die helleren Jahreszeiten. 1924 durch Farny in Kißlegg eingeführt unterscheidet sich das Kristall vom „Normalweißbier“ durch die Filtration von Hefe- und weiteren Schwebstoffen. Dies hat zur Folge, dass die bananengeschmacksgebenden Hefestoffe nach Beendigung des Brauprozess entfernt werden und einen deutlich hopfigeren Geruch Geschmack hinterlassen. Zudem ist es spritziger und etwas bitterer bei einem dennoch runden Ausklang.

SAM_0251Während der Verköstigung gibt es einen kleinen Exkurs zur Geschichte des Weißbieres. Nachdem über Jahrhunderte das Weißbierbrauen und -trinken Privileg von Adel und höheren Bürgerschichten südlich der Donau war, wurde zunächst 1548 das Privileg auf das ganze damalige Reichsgebiet ausgeweitet. Aufgrund der Popularität des Bieres auch in niederen Bevölkerungsschichten, wurden nach und nach im gesamten Landesgebiet herzogliche Weißbierbrauereien gegründet. Die erste entstand in Kehlheim – der heutige Stammsitz und seit 1928 Brauort der Schneider Weisse. Im 19. Jahrhundert allerdings nimmt die Popularität des obergärigen Weißbiers zu Gunsten der untergärigen Hellbiere Pils (Entstehung 1842) und Märzen (1843) rapide ab. Das seit 1798 bestehende Recht Weißbier brauen zu dürfen (das sogenannte „Weißbierregal“), erkauft sich Georg Schneider I. als erster Bürgerlicher im Jahre der deutschen Reichsgründung. Mit einer cleveren Marketingstrategie und einem „gar köstlich mundenden Weißbier“, wie es Schneider selbst beschreibt, gelingt die Rettung des Weißbieres.

Mit dem Hoegaarden Wit Blanche geht die Verköstigung weiter. Zunächst bin ich sehr gespannt, da ich mit belgischen Bieren schon so einige „spannende“ Erfahrungen machen durfte und auch dieses Witbier bereits einmal im Camping-Urlaub in Holland trinken durfte. Dadurch, dass dem Bier die Weizenrohfrucht (und nicht das Malz) sowie Koriander und Orangenschalen zugesetzt sind entspricht es nicht dem deutschen Reinheitsgebot. Während man das Zitrusaroma und die Weizenfrucht klar herausriechen und -schmecken kann, muss ich zugeben, dass mir wohl noch Geschmackserfahrung fehlt um auch den Koriander erkennen zu können. Mit 30% Weizenmalz schmeckt es nichtsdestotrotz erstaunlich mild und lecker. Entweder meine Geschmacksknospen sind altersbedingt abgestumpft oder das Bier ist überraschenderweise wirklich gut.  Als klassisches Sommerbier schmeckt es mir sogar an einem verregneten Westwintertag wie dem montägigen. Eine Randnotiz zum Hoegaarden: Nachdem 1955 die letzte Witbier-Brauerei in Belgien schließen musste, erweckten die Gründer dieses 1966 wieder zum Leben und brauten es ohne Unterbrechung bis heute weiter.

SAM_0252Als vorletztes Bier des Abends war das Hopfenstopfer Citra American Pale Ale an der Reihe. Von der über 250 Jahre alten Brauerei Häffner produziert, handelt es sich im Gegensatz zu den anderen Mitstreitern um eine Craft-Bier. Das bedeutet, dass das Bier keinen industriellen Brauprozess erfahren hat, sondern handwerklich in kleinem Umfang hergestellt wurde. Die Häffner-Brauerei produziert jährlich 1.400 hl (davon 400 hl Hopfenstopfer) – zum Vergleich: Schneider Weisse kommt auf über das 100-fache, Paulaner auf über das 1.000-fache. Bei einem Weizenanteil von 50% macht das Bier einen sowohl hopfenbetonten als auch malzaromatischen Geschmackseindruck. Begleitet von einem zitronigen Geruch hinterlässt es den bisher bittersten Abgang des Abends.

SAM_0253Den Verköstigungsausklang bildete das Tap 6 – Aventinus abermals von Schneider Weisse. Mit 8,2% Volumenalkohol bedingt durch eine Stammwürze von 18 °P bildete es bereits die Brücke zum Bierthema im Februar „Bockbier“. Mit der Stammwürze wird übrigens der Anteil der gelösten Stoffe angegeben – 16°P bildet die Grenze zum Bockbier, 18°P genau die zum Doppelbock. Im Aventius befinden sich also 18% gelöste Stoffe wie Maischereste oder Hefestoffe, wohingegen der restliche Brauwasseranteil des Aventinus 82% beträgt. Bei einem schwachen Schaumvolumen und schwarzbrauner Bierfarbe ist ein kräftig süßlich-herber Geruch mit leichter Zitrusnote wahrnehmbar. Der Antrunk ist schwer und malzaromatisch. Die Resenz würde ich als Laie noch am ehesten mit lebendig-moussierend beschreiben. Der Abgang hingegen ist wiederrum ziemlich kräftig betont. Das 1907 ins Leben gerufene Aventinus sollte mit einer Trinktemperatur von etwa 14°C genossen werden, weshalb der Biersommelier Markus Weick das Bier zu Beginn der Verköstigung aus dem Kühlschrank holte. So hatte es immerhin eine Temperatur von knapp unter 10°C erreicht. Der heutige Gaumen ist selbstverständlich an niedrigere Temperaturen gewöhnt, in früheren Tagen jedoch gab es tatsächlich sogenannte „Bierwärmer“ welche die gewünschte Biertemperatur erzeugten, falls das Bier einmal zu kühl war (ein solcher ist sogar in der Eule vorhanden)…

SAM_0258Alles in allem würde ich den präsentierten und verköstigten Bieren folgende Gesamtwertung geben:

Untertl Weißbier Original: 13 Pkt. (1-)

Hoegaarden Wit Blanche: 11 Pkt. (2)

Hopfenstopfer Citra: 9 Pkt (3+)

Schneider Weisse Tap 2: 7 Pkt. (3-)

Schneider Weisse Tap 6: 6 Pkt. (4+)

Bewertungsbogen_befülltIm Anschluss an die offizielle Verköstigung gab es dann noch die Gelegenheit eines oder mehrere weitere Bierspezialitäten des Hauses zu probieren:

Bierkarte_JanuarUnd das ist nur die Auswahl für Januar. Im Laufe des Jahres werden weitere Biere eingeführt, mit dem Ziel am Ende des Jahres über 100 unterschiedliche Biere im Dauersortiment zu haben. Definitiv also ein absoluter Glückgriff im Bierjubiläums-Jahr ;).

Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen – von denen ich selbstverständlich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend. Prost!

Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/

 

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Januar 8 2016

7. Detmolder Thusnelda – Bier des Jahres 2013

Im Vorfeld dieses Projektes habe ich mir natürlich auch besonders Gedanken gemacht welche regionalen Spezialitäten man hier unter die Lupe nehmen könnte und bin ziemlich schnell auf das Detmolder Thusnelda gestoßen. Die Auszeichnung „Bier des Jahres“ wird im übrigen seit 1998 vom ProBier-Club verliehen (www.bierclub.de). Sogar die Kanzlerin hat bei einem Besuch in Detmold das Bier schon probiert und gelobt, Grund genug sich dies mal anzuschauen.

Detmolder Thusnelda

Thusnelda & Arminius

Detmold liegt von Osnabrück gesehen auf der anderen Seite des Teutoburger Waldes in der Region Westfalen, genauer Ostwestfalen-Lippe. Das Bier ist in sofern eine besondere regionale Spezialität da der Name sich auf die Frau des Arminius bezieht. Arminius war ein Cheruskerfürst und wird auch „Befreier Germaniens“ genannt da er in der berühmten Varusschlacht um 9 n. Chr. den Römern eine ihrer schlimmsten Niederlagen beibrachte. Der Ort der Schlacht wird u.a. bei Kalkriese im Osnabrücker Land vermutet, aber auch in Ostwestfalen. So erinnert das Hermannsdenkmal südwestlich von Detmold ebenfalls an eben jenen Arminius. Der Slogan „Probieren auch Sie unser neues „germanisch-
erfrischendes“ Detmolder Thusnelda-Bier!“ ist umso passender.

Detmolder wird von der Privat-Brauerei Strate in Detmold hergestellt. Gegründet 1853 von Adolf Hüppe ist sie vergleichsweise jung und mit 3 Mitarbeitern recht klein. Ein Markenzeichen ist die Abfüllung in Bügelfalschen. Nach Flensburger ist sie die Brauerei mit den zweitmeisten vertrieben Einheiten in eben jenen. Neben der Marke Detmolder in allen Variationen (am bekanntesten ist wohl das Landbier), stellt die Brauerei auch die Marke Hövelhofer her.

Grunddaten

Ein großer Nachteil bei diesen Spezialbieren ist die schlechte Verfügbarkeit von Daten. Festzustellen war, dass es sich hier um ein Pilsener handelt und höchstwahrscheinlich dem Typ „Deutsches Pilsener“ nach BJCP zuzuordnen ist. Mit einem Alkoholgehalt von 4,8% liegt es hier im durchschnittlichen Bereich.

Bewertung

Das wichtigste ist jedoch die Wertung und hier war ich durchaus positiv überrascht.

Wertung

Flaschendesign: Als Fan von Bügelflaschen bekommt das Thusnelda schon mal einen Sonderpunkt, aber im Ernst: Das Design des Etiketts mit der archaischen germanischen Schrift, den römischen Soldaten (ähnlich wie bei Asterix & Obelix) sowie der üppigen, blonden germanische Maid mit dem Flügelhelm darauf ist eine sehr gelungene Anspielung auf den historischen Hintergrund: 13 Punkte / Note: 1-

Bier im Glas: Die helle goldene Farbe ist wie man es von einem Pilsener erwartet. Zudem gab es eine schöne Schaumkrone, die jedoch etwas schnell zusammefällt: 11 Punkte / Note: 2

Geruch: Der Geruch ist malzig und erinnert auch etwas an Brot. Eine leichte Bitternote hat mich dann aber doch etwas abgeschreckt: 10 Punkte / Note: 2-

Geschmack: Der Geschmack hat mich dann positiv überrascht. Eine fruchtig-getreidige Note spielt sehr gut mit einer leicht herben Note zusammen und der ordentliche Kohlensäuregehalt (den ich besonders bei etwas herben Bieren für die Geschmacksbewertung für sehr relevant halte) bilden insgesamt ein sehr rundes Geschmacksbild: 12 Punkte / Note: 2+

Abgang: Der Abgang hinterlässt keinen bitteren Nachgeschmack sondern das Perlen der Fruchtigkeit auf der Zunge führt vielmehr dazu, dass man sofort den nächsten Schluck nehmen möchte: 12 Punkte / Note: 2+

Fazit: Ein Pilsener das mit seiner schönen regionalen Geschichte, einer guten Aufmachung und einem überdurchschnittlich guten Geschmack überzeugen kann. Zurecht zu einem „Bier des Jahres“ gewählt! Durchaus auch etwas das ich zu meinem Hausbier machen würde. Insgesamt: 12 Punkte / Note 2+

Prost, bis zum nächsten Beitrag!

 

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