36. Franken – Herzstück der deutschen Biervielfalt – Bierverkostung März
Aktien Zwick’l Kellerbier | Hallerndorfer Kellerbier | Schanzenbräu Rotbier | Faust Schwarzviertler Dunkel | Aecht Schlenkerla Rauchbier Märzen | Kulmbacher Eisbock
Im Rahmen der regulären Verköstigungsrunden stand vergangenen Montag die März-Session an. Thema diesmal: Franken. Insofern sehr passend, da wir (d.h. Alex, Nils und meine Wenigkeit) im Sommer schließlich eine Bierreise in die bedeutendste Bierregion Europas unternehmen werden. Für mich also schon mal ein Vorbereitungsprogramm mit vielen interessanten Infos und Eindrücken. Neben dem Biersommelier Markus Weick, referierte diesmal auch ein Gast aus dem Frankenland, um sozusagen aus nächster Nähe berichten zu können.
Dass Franken eine besondere Rolle in der deutschen und aber auch internationalen Bierlandschaft spielt, hatte ich ja bereits an der ein oder anderen Stelle erwähnt. Trotz der inzwischen manifestierten und weit verbreiteten Craft-Beer-Bewegung kann die Region im Norden des bayrischen Freistaats weiterhin die größte Brauereidichte der Welt für sich beanspruchen. Das Ergebnis ist eine außerordentliche Biervielfalt, welche auch nicht von der Entwicklung zu multinationalen Braukonzernen gemindert werden konnte. Lediglich an der Bekanntheit dieses Reichtums könnte die Region meines Erachtens noch arbeiten. Die Gründe der enormen Braudichte sind indes vielfältig. Einige führen die Reformation (welche im Übrigen nächstes Jahr ihr 500-jähriges feiert) an, welche zur Auflösung einiger Klosterbrauereien geführt hätte, welches es dem Bürgertum erlaubte selbst zu brauen. Dies ist insofern schwierig zu argumentieren, da gesamtdeutsch betrachtet die Braudichte in mehrheitlich katholischen Regionen weitaus höher ist als in mehrheitlich protestantischen oder atheistischen Landstrichen. Andere argumentieren mit den vielen Rittertümern, welche es bis zur Neuzeit in der Region gab. Dies ist schon eher fundiert, da die allgemein hohe Biervielfalt Deutschlands sicherlich auch durch den früheren Flickenteppich an Fürsten- und Herzogtümern sowie Königreichen hergeleitet werden kann. Der glaubwürdigste Grund liegt wohl aber in der Geologie des Landes. In keiner weiteren Region Deutschlands sind so viele bodennahe Hohlräume vorhanden. Aufgrund aushöhlbarer Gesteinsschichten konnten somit unzählige Felsenkeller errichtet werden, in denen eine sehr kalte und lange Reifung des Bieres möglich wurde.
Neben diesem Exkurs zur Historie des Bierfrankenlandes stand diesmal auch das Thema Vollmundigkeit und Süffigkeit im Vordergrund der Verköstigung. So wurden alle vorgestellten und verköstigten Biere im paarweisen Vergleich nach Vollmundigkeit und Süffigkeit bewertet, sodass eine Gesamtmatrix entstand, welche das allgemeine Bild des Abends widerspiegeln konnte. Dabei sind insbesondere ein hoher Alkoholgehalt, eine große Menge des Restextraktes des Bieres (also der Menge des Feststoffanteils, welcher im Jungbier noch vorhanden ist), ein niedriger Vergärungsgrad, viel Malz- und Trübstoffanteil sowie eine allgemeine Süße Treiber für einen – wie es ja oftmals so schön heißt – vollmundigen Geschmack. Dabei kann grob nach folgendem Schema klassifiziert werden:
Der Abend begann mit einem zumindest mit bekannten Bier: Dem Zwick’l der Bayreuther Aktien-Brauerei, welches mich beim Schreiben dieser Zeilen auch begleitet. Die Bezeichnung dieses Kellerbieres, geht auf das Ritual der Bierbrauer zurück, welche Qualität und Reife des Bieres in den tiefen Braukellern überprüften. Sowohl heute als am Montag ein sehr schmackhaftes Biererlebnis. Mit einer bronzenen Farbe (oder wie der Biersommelier sagt: bernsteinfarben) ausgestattet, riecht es recht malzsüß und leicht fruchtig. Das – wie die meisten Kellerbiere – unfiltrierte, untergärige und ungespundete (also aufgrund fehlendem Druckausgleichs geringer Kohlensäuregehalt) 5,3%ige Bier genoss eine kalte aber vergleichsweise kurze Reifung. Dies spiegelt sich in der großen malzlastigen Süffigkeit wieder, welche nur durch einen sehr leicht bitteren Abgang unterbrochen wird. Die seit 1857 bestehende Aktienbrauerei ist übrigens im mehrheitlichen Besitz von Maisels.
Weiter ging es mit einem zweiten Kellerbier. Dieses aus dem Hause Rittmeyer genannte Hallendorfer Kellerbier (5% / 12,5°) unterscheidet sich vom ersten in der Hauptsache durch die Filtrierung und der somit helleren Farbe. Aber auch geschmacklich kommt es etwas herber und hopfiger rüber. Zudem sind hier klare Röstmalz- und somit auch Brotnoten erkennbar. Das 1422 gegründete ehemalige gräfliche Brauhaus kommt heute auf etwa 25.000 hl. Ausgestattet mit Brauerei, Gasthaus und Hotel vereint es alle drei Elemente der sogenannten fränkischen Dreifaltigkeit.
Als nächstes folgte ein Bierstil, der mir zumindest bewusst so noch nie über den Weg gelaufen war. Das Nürnberger Rotbier. Das durch besonders rote Malze erzeugte Bier wird heute nur noch von sehr wenigen Brauereien noch oder wieder gebraut. Das vorgestellte Bier gehört zur letzteren Gruppe. 2004 erst gegründet, kommt das Schanzenbräu nur (noch) auf ca. 5.000 hl. Neben der roten Bernsteinfärbung sind ein gleichzeitig recht hopfiger und leicht fruchtiger Geruch charakteristisch. Im Geschmack war das Bier (4,9% / 11,9°) weniger süffig. Im Gegenteil war es nicht nur herb, sondern auch ziemlich getreide- und röstmalzlastig. Man hatte irgendwie den Eindruck ein Salamibrot zu essen und kein Bier zu trinken.
Das vierte Bier im Bunde war ein alter Bekannter. Das dunkle Schwarzviertler vom Brauhaus Faust. Sowohl eine Flasche noch im Vorrat zu haben und es bereits im Schnupperkurs behandelt zu haben, erspare ich mir hier an dieser Stelle weitere Erläuterungen.
Im Anschluss folgte ein dem sehr ähnliches Bier. Das Aecht Schlenkerla Rauchbier Märzen (5,1% / 13,5°) vom 1678 gegründetem Heller-Bräu (20.000hl Ausstoß). Ähnliches wie das Faust hat das Schlenkerla einen deutlichen Abendbrotcharakter. Nur ist es geschmacklich nicht am Schinken, sondern eher an einer Salami orientiert. Dies ist daher zu erklären, dass zur Herstellung des Bieres offen über Buchenholz geräucherte Malze verwendet werden und die Lagerung in Eichenholzfässern geschieht. Trotz, dass ich das Bier glaube ich schon zweimal getrunken hatte, war ich abermals über das sehr holzige, rauchige und brotige Geschmackserlebnis erstaunt. Es ist wahrlich verwunderlich, wie unterschiedlich doch Bier schmecken kann.
Abgerundet wurde der bierige Abend mit einem Eisbock. Somit hatte ich bis jetzt in allen drei Verköstigungsrunden immer mindestens einen Bock dabei – mal schaun, ob es beim nächsten Mal auch wieder so ist, wo ich es ja zumindest zum Teil auch selbst in der Hand habe. Diesmal kam es aus dem Hause Kulmbach und hatte bei 21°P mit 9,2 Umdrehungen auch wieder ordentlich was bieten. Farblich war es deutlich das dunkelste Bier des Abends. Und auch geruchstechnisch konnte es dem Motto des Abends „Biervielfalt“ durchaus gerecht werden. So hatte ich wenigstens eine süßlich-fruchtige und zugleich rauchige und alkoholaromatische Komponente wahrnehmen können. Geschmacklich war es auch hier das süßeste, schwerste, bitterste und moussierendste Bier mit einem kräftig betonten Abgang. Außer dem netten Nebeneffekt eines Kronkorkens, konnte es mich aber leider nicht überzeugen.
Zusammenfassend würde ich den präsentierten und verköstigten Bieren folgende Gesamtwertung geben:
Faust Schwarzviertler Dunkel: 11 Pkt. (2)
Aecht Schlenkerla Rauchbier Märzen: 11 Pkt. (2)
Schanzenbräu Rotbier: 11 Pkt (2)
Aktien Zwick’l Kellerbier: 10 Pkt. (2-)
Hallendorfer Kellerbier: 10 Pkt. (2-)
Kulmbacher Eisbock: 6 Pkt. (4+)
Im Nachgang zur eigentlichen Verköstigung brachte Markus uns noch einen Ingolstädter Eisbock von Nordbräu. Auch im Vorgriff auf die kommende Veranstaltung zum 500-jährigen Reinheitsgebot gab es so den 1:1-Vergleich zum Kulmbacher, welches das aus der Reinheitsgebotsstadt knapp für sich entscheiden konnte.
Zum Abschluss hatte ich dann auch noch die Gelegenheit einem kleinen Experiment von Markus beizuwohnen. Er hatte eine braune und eine transparente Gaffel-Flasche für 3 Stunden in die Sonne gelegt um den geruchlichen aber vor allem geschmacklichen Unterschied herauszufinden. Um es kurz zu machen: Braun hat mit deutlichem Abstand gesiegt. Auch wenn ich durchaus schon mal sonnenwarme Plörre getrunken habe, war das aus der transparenten Flasche alles, nur kein Genuss mehr – während das aus der braunen weitaus weniger Qualitätsverlust erleiden musste.
Wer noch mehr probieren möchte, werfe doch mal einen Blick hierauf:
Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen – von denen ich selbstverständlich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend. Prost!
Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/