1516-2016: Bier-Jubiläum – Ein Fazit
>>>500 Jahre deutsches „Reinheitsgebot“
>>>500 Biere aus knapp 40 Ländern von jedem Kontinent
>>>In Summe über 125 Liter Bier
Das ist das Ergebnis aus einem Jahr Bier-Blog. Ein Jahr, das einem großen Jubiläum gewidmet war: 500 Jahre Reinheitsgebot für deutsches Bier. Dabei hat dieses Reinheitsgebot nicht nur eine bewegte Vergangenheit hinter sich, weshalb sowohl die 500 Jahre als auch deutsches Bier bei genauerer Betrachtung natürlich nicht ganz korrekt und klar abgrenzbar sind. Und auch der Begriff „Reinheitsgebot“ ist sowohl historisch als auch buchstäblich kritisch zu sehen. Schließlich hat es in den letzten 500 Jahren vielerlei Entwicklungen in der deutschen (und natürlich auch internationalen) Bierwelt gegeben, die die stets die Herausforderung mit sich brachten, Bier in möglichst hoher Qualität genießbar zu halten. Allerdings hat sich der Anspruch hierüber immer wieder verändert. Wurden in den ersten Jahrhunderten noch viele Experimente mit dem Bier gewagt, kam es nach der Einführung des „Reinheitsgebots“ in ganz Deutschland nach der Reichsgründung zu einer sukzessiven Uniformierung und auch Zentralisierung. Erst neue Einflüsse aus Übersee haben auch in Deutschland wieder zu einem Umdenken geführt. So entstehen auch hierzulande immer mehr neue Brauereien, die wieder für mehr Vielfalt sorgen.
Diese Vielfalt gerät allerdings immer wieder im Konflikt mit dem „Reinheitsgebot“, welches sich u.a. im vorläufigen Biergesetz niederschlägt und den Brauern z.T. nur wenig Handlungsspielraum einräumt. Dies sei grundsätzlich auch gar nicht zu kritisieren, wenn nicht aber auf der anderen Seite eine Vielzahl an künstlichen (chemischen) Zusatz- oder Hilfsstoffe erlaubt werden, welche so gar nicht zur Vorstellung eines „reinen Bieres“ passt. Außerdem ist auch die Differenzierung zwischen unter- und obergärigen Bieren nicht nachvollziehbar.
>>>Wie erging es dem Bierjubiläum?
Eine große Erkenntnis aus einem Jahr Bierjubiläum ist sicherlich, dass es ohne Netzwerk und Vitamin B kaum eine Möglichkeit gibt auf Seiten des Gesetzgebers Druck aufzubauen, diese Situation zu verbessern. Schade finde ich insbesondere, dass auch Verbände, wie die Privaten Brauer oder die Association of Craft Beeer Brewers, keinerlei Reaktion auf meine Kontaktanfragen zeigen. Dabei ist eine grundlegende Reform des „Reinheitsgebots“ längst überfällig. Einen Vorschlag hierzu hätte ich auch schon erarbeitet. Allerdings scheint hier (noch) die Macht und der Lobby-Einfluss der „Kartell-Brauereien“ enorm groß zu sein. Aber auch die (neue) Craft-Bier-Szene – so mein Eindruck – verleiht einer Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen kaum Nachdruck. Vielleicht auch, weil sie sich immer wieder auf Ausnahmegenehmigungen verlassen und darauf hoffen, dass der Markt hier die Dinge regeln wird. Trotzdem möchte ich auch nicht an Kritik gegenüber den Craft-Brauern sparen, welche sich allzu oft nur im Marketing verlieren und nur darauf aus sind immer extremere Biere auf dem Markt zu werfen. Ziel sollte es sein Biere in gleichbleibend hoher Qualität mit hochwertigen natürlichen Bier-Zutaten zu brauen und diese dabei nicht „pseudo zu veredeln“. Aspekte, wie Regionalität, Saisonalität oder Tradition sollten hierbei eine ebenso große Rolle spielen. Und warum probiert man eigentlich nicht auch mal Blend-Biere aus? Vielleicht schafft es das „deutsche Reinheitsgebot“ auch dann in die Liste der UNESCO-Weltkulturerben. Ein Beispiel sollten uns hier die Belgier sein, die es mit ihrem Bier bereits in die Liste geschafft haben.
>>>Warum nochmal das Ganze?
Ziel meines Blogs soll dabei aber weiterhin langfristig sein, diese Strukturen aufzubrechen und einen Reform-Prozess anzustoßen bzw. meinen Beitrag dazu zu leisten. Kurzfristig möchte ich wenigstens die Leser zu diesem Thema sensibilisieren um somit ggf. einen Multiplikator-Effekt zu erzielen. Beides ist jedoch effektiv nur mit einem halbwegs großen Netzwerk möglich, welches mir aktuell noch nicht wirklich zur Verfügung steht.
>>>Die Highlights?
Vor diesem Hintergrund gab es trotzdem zahlreiche Höhepunkte, die das Bierjubiläum-Jahr säumten. In erster Linie sind da die regelmäßigen Verkostungsrunden in der Kierberger Eule zu nennen, die jedes Mal interessant und lecker zugleich waren. Herauszustellen ist sicherlich mein eigener Auftritt im April zum Thema 500 Jahre Reinheitsgebot. Aber auch der regelmäßige Austausch mit Biersommelier Markus Weick war sehr inspirierend und lehrreich. Am Tag der Tage – dem 500. Tag des Bieres fand die Craft-Bier-Messe in Walberberg statt, die mir nochmals die Größe der Craft-Bier-Welt aufgezeigt hat. Dass aber auch die traditionelle Bierwelt da mehr als mithalten kann, zeigte sich dann im Juli auf der Bierbörse in der Bonner Rheinaue. Der wohl aber bierigste Höhepunkt des Jahres war die Franken-Bier-Tour im August, wo wir (Alex, Nils und meine Wenigkeit) innerhalb einer Woche an 6 Stationen zusammen 100 unterschiedliche Biere genießen durften. Und sogar in meinen Urlauben an der Ostsee und im Schwarzwald konnte ich glücklicherweise viel Braukultur hautnah erleben. Unerwähnt bleiben sollte zudem natürlich auch nicht mein Start auf Facebook gegen Ende des Jahres.
>>>Was waren meine ganz persönlichen Erfahrungen in 2016?
Nunja, in erster Linie musste ich feststellen, dass Blogschreiben deutlich mehr Aufwand bedeutet als anfänglich vermutet. Dass dadurch andere Dinge kürzertreten mussten, habe ich aber meistens gerne in Kauf genommen. Auch musste ich feststellen, dass Projekte mit mehreren Leuten nicht immer funktionieren. Gerade nach dem entmutigenden Ausscheiden der anderen Co-Autoren habe ich lange mit mir gerungen, ob ich das Blog überhaupt weiter fortführe. Im Prinzip hat mich schließlich nur die Kierberger Eule daran gehindert. Konsequenterweise habe ich dann auch (vielleicht etwas zu spät) den Weg in die sozialen Medien gesucht und gefunden. Hier bietet mir Facebook zumindest eine erkennbare Plattform um mich, das Blog und das Thema etwas sichtbarer zu machen. Persönlich würde ich mir jedoch nach wie vor mehr direkte Rückmeldungen wünschen. Denn hin und wieder kommen Zweifel bei mir auf, ob das Interesse überhaupt groß genug ist, hier so viel Zeit zu investieren. Aber dann kommen immer wieder wertschätzende Momente, wie mein letzter Beitrag zum Bierjubiläums-Bier, welcher mehr als 1100 Leute in über 30 Ländern erreichte, die mich weiter motivieren.
>>>Und sonst?
Auch nach über 500 Bieren in einem Jahr, was mir gleichzeitig über 300 neue Kronkorken bescherte, muss ich konstatieren, dass die riesige (deutsche) Bierwelt nahezu unentdeckbar zu bleiben scheint. Auch wenn ich inzwischen viele Biere und Brauereien wiedererkennen kann, bleibt doch alleine die schiere Masse überwältigend. Etwas verloren gegangen ist dabei aber die Faszination für Craft-Biere. Nicht, weil diese qualitativ minderwertig sind, sondern weil auch hier oftmals kopiert oder in zu kleinen Nuancen gearbeitet wird. Kann aber auch sein, dass ich einfach meine Geschmacksknospen in diesem Jahr zu sehr beansprucht habe. Schließlich konnte ich gegen Ende durchaus feststellen, dass eine differenzierte Bewertung immer schwieriger wurde. Dies lag aber auch daran, dass ich natürlich vorwiegend Biere rezensiert habe, die mir persönlich zusagten bzw. besonders interessant waren. Dadurch ist auch zu erklären, dass es zu einen recht guten Punktedurchschnitt von 11 Pkt. gekommen ist. Insgesamt kann ich aber auch festhalten, dass sich mein Geschmack für Biere geändert hat. So bin ich inzwischen deutlich offener für Bierstile, die sich recht weit vom deutschen Mainstreamgeschmack bewegen.
>>>Wie geht es also weiter?
Natürlich werde ich weiterschreiben und posten. Vermutlich aber nicht mehr in der Intensität wie noch in 2016. Alleine unser familiärer Zuwachs Anfang April wird (zunächst) für eine Prioritätenverschiebung sorgen :). Und wer weiß vielleicht geht auch irgendwann mein kleiner Lebenstraum in Erfüllung und auch ich eröffne eine eigene Brauerei, in der dann nicht nur spannende Biere aus den verschiedensten Getreidesorten (ja es gibt mehr als Gerste und Weizen – und ja Reis, Mais und Hirse sind auch Getreide ;)) sondern auch leckere Bier-Mix-Cocktails entworfen und serviert werden…
Am Ende möchte ich mich nochmals recht herzlich bei Euch allen bierinteressierten Lesern bedanken und nochmals meine Einladung erneuern, gerne jederzeit auch Beiträge in Form von Bildern, Videos, Audios oder kurzen Artikeln beizusteuern.
Bis dahin verbleibe ich mit bierigen Grüßen aus Brühl
Euer Markus
PS: Für weitere Infos zu meinen Gedanken zur Reinheitsgebotsreform verweise ich gerne nochmals auf 23.04.1516 – 23.04.2016: 500 Jahre Reinheitsgebot – (K)ein Grund zum Jubeln?