Juni 18 2017

200. Alternative Getreide – Bierverkostung Juni

Alzeyer Hirsetrunk | Mongozo Buckwheat White Beer | Kiuchi Hitachino Nest Red Rice  | Elav No War Rye IPA | The Dancing Camel Olde Papa | Shepherd Neame & Co. 1698 | Pinkus Jubilate

Am vergangenen Montag habe ich mein Comeback in der Kierberger Eule nach meiner Babypause feiern dürfen. Und das gleich mit einem Kracher: Dank meiner großartigen Frau hatte ich die Möglichkeit über mein Lieblings-Thema referieren zu dürfen: Alternative Getreide außer Gerste (und Weizen) im Bier. Nachdem es in der Mai-Verkostung rund um das Gerstenkorn ging, habe ich mich zum Wieder-Einstieg anderen Getreidegattungen gewidmet, die als Basis für Bier dienen. Denn neben Gerste und Weizen gibt es fünf weitere Hauptgattungen der in der Botanik als Getreide geltenden Pflanzen:

Dabei sind Einkorn, Emmer und Dinkel Ur-Formen des heutigen Weizens und werden als Urgetreide bezeichnet. Während Gerste, Weizen, Roggen und Hafer die klassischen europäischen Getreide sind, liegt der Ursprung der anderen drei Getreide außerhalb unseres Kontinents:

Vor der eigentlichen Verkostung ging es erst einmal weiter im Kölsch-Projekt, bei dem Markus bis 2019 (da wird die Kölsch -Konvention 33 Jahre) alle Kölsch vorgestellt und durchprobiert haben will. Diesmal stand das Peters-Kölsch an, welches ich zwar bereits im Rahmen meiner großen Kölsch-Verköstigung Anfang letzten Jahres probierte, es aber als Einstieg trotzdem ganz gut war – enthält es doch neben Gersten- auch Weizenmalz.

Den Beginn der Verkostungsreihe machte ein wirklich sehr sehr interessantes Bier aus Rheinland-Pfalz: Der Alzeyer Hirsetrunk. Das Bier wurde im Rahmen des monatlichen Bierfahrplans von Volker Bräu im Mai gebraut und auf dem Kölner Festival der Bierkulturen vorgestellt:

Persönlicher Eindruck:
relativ süß, aber weder fruchtig-süß noch karamell-süß, sondern getreidig-süß
sehr spannend und herausragend lecker

Leider ist dieses Bier zeitlich und räumlich nur sehr limitiert erhältlich. Gerne hätte ich mir noch mehr von diesem wirklich leckeren Trunk gegönnt. Und ohne es vorweg nehmen zu wollen: Die Konkurrenz hatte es am heutigen Abend schwer dieses noch zu toppen.

Neben den sieben Getreiden gibt es aber auch noch sogenannte Pseudogetreide. Das sind jene Pflanzen, die zwar Körner ausbilden, diese aber keine Eigenbackfähigkeit besitzen. Nichtsdestotrotz sind einige der Pseudogetreide hervorragend als Zutat zum Bierbrauen geeignet. Zu den bedeutendsten Pseudo-Getreiden zählen:

Konsequenterweise ging es also auch mit einem Bier dieser Kategorie weiter: Dem Mongozo Buchweizen Witbier. Grundsätzlich stammt das Rezept aus Angola, wird jedoch in Belgien gebraut. Deshalb wohl auch die Einflüsse eines klassisches Witbiers. Interessant ist an diesem Bier auch die Verwendung geheimer Gewürze – auch nicht unerwähnt bleiben sollte, dass es sich hierbei um ein Bio- und Fairtrade-Bier handelt:

Persönlicher Eindruck:
trotz eines wohl eher geringen Anteils an Buchweizen kommt die nussige Note heraus, auch wenn der säuerliche Eindruck dominierte

Zum dritten Bier der Verköstigung wurde dann der europäische Kontinent aber wirklich verlassen. Es folgte das inzwischen auch in Deutschland recht gut erhältliche Hitachino Nest Red Rice Bier von Kiuchi aus der Nähe von Tokio in Japan. Neben Gerstenflocken enthält dieses Bier eben auch Roten Reis – eine der unzähligen Reissorten. Gebraut wird das Bier übrigens in einer eigentlichen Sake-Brauerei:

Persönlicher Eindruck:
sehr würzig, leicht süß und extrem vielschichtig

Zur Auflockerung der Runde gab es passenderweise im Anschluss einen Probierschluck Sake, den Markus mitgebracht hatte. Schließlich ist Sake – auch obwohl es auf deutsch als Reiswein übersetzt wird – ein sehr naher Verwandter des Bieres, was die folgende Übersicht des Herstellungsverfahrens verdeutlicht:

Doch was sind eigentlich die Vor- und Nachteile von alternativen Getreiden im Bier? Warum werden diese besonders außerhalb Deutschlands verwendet und wo liegen die Herausforderungen beim Brauen?

Es gibt also sicher einige Pro- und Contra-Punkte bei der Verwendung alternativer Getreidearten als Gerste und Weizen. Dass es in Deutschland jedoch sowohl gesetzlich als auch bierkulturell nicht zu einem stärkeren Einsatz dieser Getreide oder Vertrieb solcher Biere kommt, ist meiner Ansicht nach nicht zu erklären. Auch wenn ich keine Ausbildung oder gar Studium im Brauwesen genießen durfte, vermag ich einschätzen zu können, dass der Einsatz von Roggen, Hafer, Mais, Reis oder Hirse zumindest limitiert vorteilhaft für alle Beteiligten ist. So eröffnen sich der Brauerei deutlich mehr Möglichkeiten, wobei der Biergenießer von einer deutlich (qualitativ) höheren Biervielfalt profitieren könnte. Nicht nur der Hopfen kann bierprägend sein, auch auf das Getreide sollte endlich mehr Wert gelegt werden.

Den Abschluss der offiziellen Verkostung machte dann ein Bier mit Roggen aus Italien. Aufgrund dessen, dass es dort nie eine solche historische Biervielfalt wie in Deutschland gab, hat sich in Italien in den letzten Jahren eine deutlich stärkere Craft-Bier-Bewegung entwickelt als hierzulande:

Persönlicher Eindruck:
sehr IPA-like, leicht würzig und bittersüß

Hier also nochmals alle Biere (und die Sake) in der Übersicht:

Meine persönliche Gesamtwertung aller Biere sieht wie folgt so aus (wobei das Kölsch als themenfremdes Bier nicht in die Wertung einging):

Mit Markus teilte ich mir im Anschluss dann noch folgende Biere aus der mehr als reichhaltigen Auswahl der Eule:

  • The Dancing Camel Olde Papa:
    – mediterranes Starkbier mit Dattelsirup
    – für die 1. israelische Mikrobrauerei Dancing Camel Brewing Company von der Berliner Bierfabrik gebraut
    – benannt nach einen historischen Braumeister
    – untergärig; 7,5%
    – Liebesgrüße aus Tel-Aviv
    https://www.dancingcamel.com/beers

  • Shepherd Neame & Co. 1698:
    – Kentish Strong Ale mit Flaschengärung
    – soll nach dem Bedingungen von 1698 gebraut worden sein
    – Real Ale
    – weitere Infos siehe auch W16

    – obergärig; 6,5%
    https://www.shepherdneame.co.uk/beer/1698

Beim Schreiben dieser Zeilen begleitet mich dann ferner noch folgendes Bier, das ich als Referentengeschenk von Markus erhalten habe:

  • Original Leipziger Gose:
    – original Leipziger Gose aus dem bayrischen Bahnhof
    – eingebraut mit Koriander und Salz
    – herrlich sauer-fruchtig

    – untergärig; 4,5%
    http://www.gose.de/

Vielen Dank also nochmals an Markus für den interessanten Abend und die tollen Biere sowie an das Publikum, das sich mit diesem Thema konstruktiv auseindergesetzt hat.

Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen – von denen ich selbstverständlich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend.

Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/

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Veröffentlicht18. Juni 2017 von Markus (Chefredakteur) in Kategorie "Bierverkostung