Juli 11 2017

211. Biersommer / Sommerbier – Bierverkostung Juli

Blanche de Namur | AleMania New England IPA | Starkes Gebräu Dunkles | Gouden  Carolus hopsinjoor | Worthington´s White Shield

Letzten Montag war es wieder so weit: der allmonatliche Eulen-Montag mit Biersommelier Markus Weick stand an. Nach meinem eigenen Vortrag im Juni das zweite Mal nach meiner Babypause, woran ich teilnehmen konnte. Passend zur Jahreszeit ging es den Abend um Sommerbiere und den Biersommer.

Vor der eigentlichen Verkostung ging es erst einmal weiter im Kölsch-Projekt, bei dem Markus bis 2019 (da wird die Kölsch -Konvention 33 Jahre) alle Kölsch vorgestellt und durchprobiert haben will. Diesmal stand das Colonius-Kölsch an, welches ich bereits zur Maiwoche in Osnabrück letztes Jahr proBierte. Colonius ist eine Marke von Traugott Simon und wird via Trinkgut, Edeka oder Netto als Eigenmarke vertrieben. Gebraut wird es in der Sünner-Brauerei.

Das erste „reguläre“ Themen-Bier war dann das Tegernseer Hell, welches ich ebenfalls letztes Jahr zum Einstieg in die bilinguale Veranstaltung von Markus „German Beer Culture“ verkosten durfte:

Während heute insbesondere Helles, Kölsch oder helle Weißbiere den sommerlichen Biermarkt im saisonalen Vergleich dominieren, wird häufig vergessen, dass der Sommer lange Zeit eine ganz besondere Bedeutung für das Bier hatte. Schließlich bestand über drei Jahrhunderte lang ein Brauverbot für sogenannte „Braunbiere“ zwischen dem 23. April (St. Georg – heute als Tag des Bieres gefeiert) und dem 29. September (St. Michael).

Grund des Verbotes waren wahrscheinlich die problematischen Braubedingungen dieses Bieres im Sommer. Als Braunbiere wurde seinerzeit nämlich alljene Biere bezeichnet, die ausschließlich mit (dunklem) Gerstenmalz untergärig gebraut wurden. Und untergärige Hefen benötigen zur Gärung recht niedrige Temperaturen, die ohne die erst 1870 von Linde erfundene Kältemaschine nicht flächendeckend erreicht werden konnten. Ausgeschlossem vom Verbot waren Weißbiere, die die entgegen des damals kurz zuvor erlassenen heute bezeichneten „Reinheitsgebots“ mit Weizenmalz und obergärig exclusiv von den herzoglichen Hofbrauereien gebraut wurden. Dies hatte neben dem wirtschaftlichen auch einen technischen Vorteil. So sind obergärige Hefen nicht derart temperatursensibel und können auch noch unter sommerlich-milden Temperaturen vergären.

Um trotzdem auch bei hohen Sommertemperaturen brauen zu können siedelten sich viele Brauereien auch in Felsenkellern an, die für Gärung und Lagerung bessere Bedingungen boten. Viele dieser Keller wurden nach Erfindung der Kältemaschine in Bayern für die Gastronomie geöffnet und als Gastraum/Ausschank zur Verfügung gestellt. Die meisten dieser Keller befinden sich geologisch bedingt in Bayern, allerdings gibt es in Mendig auch ein prominentes Beispiel eines großen Bierkellers in der Eifel. Ab 1832 wurden dort leeren Höhlen vom Basaltabbau für bis zu 28 Brauereien in der Hochphase genutzt. Heute ist davon nur noch die Vulkan-Brauerei übrig, die diesen Bierstollen jedoch auch erst in den letzten Jahren wieder reaktiviert hatte.

Bis zu diesem Brauverbot wurden vermutlich immer gewisse „Mischbiere“ gebraut, die grundsätzlich sowohl unter- als auch obergärige Hefen enthielten, wobei je nach Jahreszeit die eine oder andere dominierte. Im Zuge des Verbotes jedoch bildeten sich wahrscheinlich die ersten rein unter- bzw. obergärigen Biere heraus. So ist zu vermuten, dass um diese Zeit sich auch der Bierstil „Dunkel“ in Bayern herausbildete und das heute Weißbier obergärig wurde. Denn durch die Braupause im Sommer wurde die obergärigen Hefestämme (aktiv bei wärmeren Temperaturen) zugunsten der untergärigen Hefestämme (aktiv bei kühleren Temperaturen) bevorteilt. Dunkel deshalb, weil das Gerstenmalz beim Darren damals direkt befeuert und somit dunkler in der Farbe wurde.

Nachdem das Brauverbot seit 1539 Bestand hatte, wurde es erst 1850 offiziell aufgehoben. Übrigens: Das Märzen, das 1841 erstmalig als Oktoberfestbier von Spaten vorgestellt wurde, geht auf dieses Verbot zurück. Da im Sommer nur eingeschränkt gebraut werden durfte musste im März ein besonders starkes Bier gebraut werden, das den Sommer über hielt.

Weiter ging es mit einem für Deutschland ungewöhnlichem aber für unserer Biernachbarland Belgien sehr typischen Sommerbier: Das Blanche de Namur. Das Witbier ist das Flaggschiff der Brasserie du Bocq aus dem wallonischen Purnode und wird dem Bierstil entsprechend mit Weizen, Koriander und Orangenschalen eingebraut. Der Name geht dabei auf eine in Belgien geborene Königin von Schweden und Norwegen aus dem 14. Jahrhundert zurück. Besonderheit des Bieres ist die 0,75l-Flasche:

Persönlicher Eindruck:
fruchtig würzig im Geruch, leicht scharf und nach Koriander im Geschmack, insgesamt sehr süffig

Auch das Folgebier hatte ich bereits im Januar diesen Jahres vorgestellt: Maisel & Friends Citrilla. Ein Hinweis sei hier auch auf meinen Bericht zum limitierten Summer Pale Ale der Bayreuther Kreativbrauer an dieser Stelle gestattet.

Als letztes Bier der offiziellen Verkostung ging das neue New England India Pale Ale vom Bonner AleMania an den Start. Darüber habe ich mich besonders gefreut, da es auch schon auf meinem Einkaufszettel stand, enthält es doch Haferflocken als alternative Getreide. Zudem ist es eines der Vertreter eines neuen Bierstils, der auf die „East Coast IPAs“ zurück geht, die im Vergleich zu den „West Coast IPAs“ fruchtiger, weniger bitter und weniger alkohollastig sind:

Persönlicher Eindruck:
fruchtig, relativ malzig, süß, waldig-erdig, recht stark hopfen-bitter, weich

Meine persönliche Gesamtwertung aller Biere sieht wie folgt so aus (wobei das Kölsch als themenfremdes Bier nicht in die Wertung einging):

Mit Markus teilte ich mir im Anschluss dann noch folgende Biere aus der mehr als reichhaltigen Auswahl der Eule:

  • Starkes Gebräu Dunkles:
    – obergärig; 9%
    – „alkoholhaltiges Getränk“ mit Gerstenflocken und Rübenzucker
    – gemaischt im Infusionsverfahren mit 20% Gersten-Buchenrauchmalz
    – Flaschengärung mit Rotweinhefen und monatelange Reifung
    – entwickelt von der Agentur BierAtelier aus dem Ostwestfälischen Land in Schieder-Schwalenberg, die neben dem Vertrieb von Bieren auch das Magazin Bier & Brauhaus verantwortlich zeichnet
    – karamellig-malzig, leicht rauchig und nach Rotwein schmeckend
    https://www.bieratelier.de/

  • Gouden Carolus hopsinjoor:
    – obergärig; 8%; 18°P
    – belgisches Blonde (eingeführt 2008) von der Brauerei Het Anker aus Mechelen
    – mit 5 verschiedenen Hopfensorten
    – trocken-hopfig, herb, hell, weich, frisch, fruchtig, karamellig, bitter, sehr dumpf, gemüsig, nach Urlaub

    http://www.hetanker.be/en/gouden-carolus-hopsinjoor

  • Worthington´s White Shield:
    – obergärig; 5,6%
    – ältestes India Pale Ale der Welt, das 1829 als East-IPA erstmals für die britischen Seefahrer hergestellt wurde
    – aus der englischen Brauerei Worthington (gegründet 1744 in Burton upon Trent), welche heute der Coors-Gruppe angehört
    Real Ale

    – karamellig, grasig, matt, sehr weich, sehr balanciert, malzig, süß, getreidig, sehr untypisch für ein heutiges IPA

Beim Schreiben dieser Zeilen begleitet mich dann ferner noch folgendes Bier, das im Rahmen meiner Tätigkeit als Biertester für den Beertasting-Club von Kalea erhalten habe und das auch sehr gut zum Thema Sommerbier passt:

  • Kulmbacher Leicht:
    – alkohol- und kalorienreduzierte Variante des Edelherb Pils der bekannten Brauerei aus Franken
    – sehr süffig und malzig-leicht, aber auch leicht industriell

    – untergärig; 2,9%; 7.6°P
    – http://www.kulmbacher.biz/de/klb/Unsere-Biere/Kulmbacher-Leicht/index.php

Vielen Dank also nochmals an Markus für den interessanten Abend. Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen – von denen ich selbstverständlich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend.

Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/

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Veröffentlicht11. Juli 2017 von Markus (Chefredakteur) in Kategorie "Bierverkostung