235. Neuzeller Klosterbräu Allgäuer Heubier
Das heutige Bier bringt einige wirklich außergewöhnliche Geschichten mit. Es entstammt aus der Klosterbrauerei zu Neuzelle an der Niederung der Neiße-Oder-Mündung. Das Kloster lässt sich bis auf das Jahr 1268 zurückverfolgen, als an selbiger Stelle die Zisterzienser-Abtei gegründet wurde. 1817 erst vom Preußischen Staat säkularisiert, wurde es scheinbar endgültig in den 1950ern vom DDR-Regime aufgelöst. Nach der Wiedervereinigung erfolgte eine umfangreiche Sanierung. Zudem wurde das Kloster in eine Stiftung überführt. Zum 750-jährigen Bestehen und 200 Jahre nach der Verstaatlichung wurde den alten Gemäuern dann endlich und völlig überraschend wieder neues Leben eingehaucht. Denn aus dem österreichischen Stift Heiligenkreuz machten sich im letzten Monat die ersten Mönche in die Niederlausitz auf und eröffneten das Klosterleben von Neuem. Bis zum nächsten Jahr sollen dort wieder acht Mönche dauerhaft beten und arbeiten.
Die Geschichte der Klosterbrauerei zu Neuzelle reicht zumindest bis ins Jahr 1589 zurück, als dort den Mönchen die offizielle Bierbrauerlaubnis erteilt wurde. Heute ist die Brauerei (40.000 hl p.a.) deutschlandweit für ihre Bierspezialitäten bekannt. Als eine der ersten Brauereien wagten es die Brandenburger sich gegen die deutsche Biergesetzgebung aufzulehnen. So wollten sie nach Re-Privatisierung in den 1990ern den Schwarzen Abt wiederauflegen. Ein untergäriges Schwarzbier mit Zuckerzusatz, welches auf eine 400-jahre alte Rezeptur zurückgeht. Nach über zehn Jahren Rechtsstreit urteilte das Bundesverfassungsgericht schließlich im Sinne der Brauerei, die fortan immer wieder mit anderen Bierspezialitäten den Markt überraschen. So gibt es zum Beispiel ein Kartoffel- oder Spargelbier und das erste Wellness-Badebier der Welt. In diese Reihe passt da auch das heutige Heubier, dem natürliches Heuextrakt zugesetzt wird.
Ein Wort aber noch zum Schwarzen Abt: Vor einigen Jahren unternahm die Brauereileitung eine Reise zum Vatikan, bei der eine Flasche des Bieres vom Papst Franziskus höchstpersönlich gesegnet wurde. Seither wird jedem neuen Sud mit eben dieser Flasche der Segen weitergegeben.
Steckbrief
Stil. . . . . . . . . . . . . . . Lager
Brauart. . . . . . . . . . . untergärig
Zutaten. . . . . . . . . . . Gerstenmalz, Heuextrakt, Hopfen, Hefe
Stammwürze. . . . . . –
Alkoholgehalt. . . . . . 4,8%
Herkunft. . . . . . . . . . . Neuzelle
Erscheinungsjahr. . . 2014
Bewertung
- Flaschendesign + Kronkorken:___12
- Aussehen:____________________11
- Geruch:______________________14
- Geschmack:__________________13
Fazit
Geruch: lager-like, recht schwach würzig & herb, süßer Grasgeruch – ein wenig nach Pfefferminztee, weich getreidig-malzig
Geschmack: erfrischend, süßlich nach Kräutertee, leicht getreidig-malzig, wenig hopfig-herb, klar-grasig, süße Kräuter im Abgang
Gesamt: Wow, was für eine Überraschung! Nach vielen eher mittelmäßigen Bierspezialitäten in der letzten Zeit, hat mich das heutige Heubier gleich doppelt überrascht: Einerseits hinsichtlich der Qualität und anderseits, dass Heu offensichtlich so ein gutes Tee-Aroma erzeugen kann. Selbstverständlich darf man hier keine geschmacklichen Tiefen eines Stouts oder IPA erwarten, aber für ein „klassisches Lager+“ eine wirklich sehr gute Vorstellung und wieder einmal der Beweis, dass das Reinheitsgebot dringendst reformiert werden muss. Vielleicht nicht der Gipfel des guten Geschmacks, aber zumindest in dessen Sichtweite. Deshalb auch ganz berechtigterweise 13,5 Pkt. (1(-)) und somit klarer Kandidat für die Top-Ten Biere 2017.
Nur ein Wunsch noch an die Kloster-Brauerei: Bitte nehmt das glutenfreie „Bier-Getränk“ vom Markt!
Weitere Infos zum Bier unter: https://www.klosterbrauerei.com/shop/Produkte/Allgaeuer-Heubier/173.
Prost!