Oktober 29 2017

260. Luther Porter

Nach dem gestrigen Urtyp folgt heute Reformations-Einleitungsbier #2. Namentlich handelt es sich hierbei eigentlich um ein Porter. Ein Bierstil, der vor allem im nördlichen Europa weit verbreitet war und teilweise noch ist. Dabei werden grundsätzlich die Familien des britischen und baltischen Porters unterschieden. Ersterer wird obergärig, letzterer untergärig gebraut. Zudem beinhaltet der britische mehr Röstaromen, während der baltische etwas süßer daherkommt. Zwischen diesen beiden Formen hat sich in früheren Zeiten aber auch eine deutsche Abwandlung des Porters entwickelt, der vor allem in Mitteldeutschland sehr beliebt war. Dieser wurde je nach Brauerei und Möglichkeit ober- oder untergärig gebraut und konnte auch geschmacklich variieren.

So wäre es für mich auch zu vermuten gewesen, dass ich es heute auch mit ebene diesem zu tun habe. Aber weit gefehlt: Die Brauerei Neuspringe, die das Bier herstellt, nennt als Bierstil hier „gesüßtes Schwarzbier“. Leider bestätigt dies auch der Blick auf die Zutatenliste, in der Invertzuckersirup auftaucht. Natürlich war mir klar, dass die Luther-Biere keine wirklich hochqualitative Braukunst darstellen, aber es ist schon schade, wie auch hier der Verbraucher etwas getäuscht wird. Auch wenn diese sich dabei auf eine alte Rezeptur beruft und es lieblicher Schwarztrunk nennt, entsteht doch der Eindruck, dass ein Porter ein gesüßtes Schwarzbier sei. Keineswegs möchte ich die historische Herkunft des Bieres grundsätzlich in Frage stellen, aber vielleicht hätte man es klarer formulieren können. Interessant wäre für mich auch zu wissen, wie dies mit dem hochgelobten „Reinheitsgebot“, das nur ein Jahr vor Luthers Thesenanschlag zumindest in Bayern verabschiedet wurde, vereinbar ist. Dürfen doch wenigstens in untergärigen Bieren (und das „gesüßte“ Schwarzbier gehört dazu) bis auf chemische Hilfsstoffe nur Gerstenmalz, Hopfen und Hefe eingesetzt werden. Nicht, dass ich an die heutigen Gesetzgebungen festhalten will – im Gegenteil – aber hier wird auch ohne expliziten Verweis auf das „Reinheitsgebot“ zumindest unbewusst getäuscht. Ein Blick auf die Flasche zeigt dann hier die Lösung: Es ist einfach als „Biermischgetränk“ deklariert… Auf Basis dessen wirkt folgendes Luther-Zitat auf der Website etwas unaufrichtig:

„Wie viele gibt es jetzt, die das Evangelium rühmen und um desselben willen einen Heller willig verlieren oder ihren Geiz und Mutwillen lassen? …. Ebenso machte kein Bürger, könnte er sein Dünnbier für Bier verkaufen, sich ein Gewissen davon.“

Aber ich will natürlich nicht vorschnell urteilen und lasse mich gerne auch eines Besseren belehren.

Steckbrief

Stil. . . . . . . . . . . . . . . (Schwarzbier)
Brauart
. . . . . . . . . . . untergärig
Zutaten. . . . . . . . . . . Gerstenmalz, Invertzuckersirup, Hopfen
Stammwürze
. . . . . . 
Alkoholgehalt. . . . . . 4,9%
Herkunft. . . . . . . . . . . Leinefelde-Worbis
Erscheinungsjahr. . .
(1517)

Bewertung

  • Flaschendesign + Kronkorken:___11
  • Aussehen:____________________11
  • Geruch:______________________9
  • Geschmack:__________________7
Fazit

Geruch: (metallisch, industriell,) malzig, matt, süßlich, getreidig, wenig waldig
Geschmack: zuckersüß, dunkelmalzig, etwas rotfruchtig, leicht bitter, sehr süffig, wenig Körper, wenig spritzig, süßlich-herber Abgang
Gesamt: Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten hier handelt es sich um alkoholhaltiges „Malzbier“. Während der Geruch noch wenig Süße erahnen lässt, kommt der Zuckersirup am Gaumen voll durch. Ich verstehe zwar immer noch nicht, warum man so etwas unter solch einem Titel braut, aber hieran erkannt man zumindest die historische Verknüpfung von früheren und heutigen Malzbieren. Gibt es heutzutage fast ausschließlich nur alkoholfreie Varianten, war früher die Biersüßung in Teilen auch recht üblich bei normalhaltigen Bieren. Im Sinne des Vielfaltsgedankens also tatsächlich löblich. Doch: Bei diesem Bier verschwimmen die Grenzen zwischen Porter, Schwarzbier und Malzbier, die der Bierlaie nicht mehr nachvollziehen kann. Deshalb mit 8 Pkt. (3) vielleicht auch ein etwas hartes Urteil.

Weitere Infos zum Bier unter: https://www.lutherbier.de/produkte_porter.html.

Prost!

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