297. Originale der Bierszene – Bierverkostung zur Eule 02/18
Bitburger Premium Pils | Bitburger 0,0 | Marstons Pedigree | Het Nest SchuppenAas | De Dochter van de Korenaar Charbon
Letzte Woche Montag war es endlich wieder mal so weit: Die erste reguläre Bierverkostung am traditionellen Biermontag in der Brühler Eule stand an. Dabei war es eine ganz besondere Verkostung, schließlich haben ein paar Tage zuvor die Renovierungs- und Umbauarbeiten begonnen, die nach dem Auszug der ehemaligen Pächter Kalle und Heidi initiiert wurden. Während dieser Zeit, die Mitte März abgeschlossen sein soll, bleibt die Eule grundsätzlich geschlossen hat aber zu den turnusmäßigen Veranstaltungen geöffnet. Und auch, wenn noch nicht viel an der Oberfläche zu sehen war, hatte man schon ein wenig das Gefühl an einer Baustelle zu sein. Das positive Gefühl über die nun stattfindenden Veränderungen überwogen dabei aber. So wird das Kneipen-Konzept grundlegend erneuert: Es gibt mehr lokale Produkte, wie den Original Brühler Kabänes oder auch dem Sünner-Gin und neben dem großen Thema Biervielfalt wird nun auch der Fokus auf die in Deutschland noch größere Brotvielfalt gelegt. Und so konnten wir uns bereits zur Verkostung auf eine wirklich gute und große Auswahl an leckeren Broten mit (Salz-)Butter freuen. Eine Neuerung, die genau meinem Geschmack entspricht, passen deutsches Brot und Bier doch hervorragend zusammen und ergänzen sich aufgrund ihrer identischen Rohstoffe auch geschmacklich sehr gut. Zudem neu: Anstelle des Reissdorf-Kölsch, wird es zukünftig das meiner Meinung nach viel bessere Mühlen-Kölsch geben. Da ich diesmal ausnahmsweise mal früher vor Ort war, habe ich dann auch gleich mal eines der ersten Mühlen-Kölsch der Eule gesichert.
Da Biersommelier und Eulenbesitzer Markus Weick bislang noch keine Nachfolge für die Verpachtung gefunden hat, wird er die Eule ab März zunächst in Eigenregie weiterführen und nur in den Abendstunden öffnen.
Vor der eigentlichen Verkostung ging es erst einmal weiter im Kölsch-Projekt, bei dem Markus bis 2019 (da wird die Kölsch -Konvention 33 Jahre) alle Kölsch vorgestellt und durchprobiert haben will. Heute am Start: das Schreckenskammer-Kölsch, von dem ich bereits Anfang des Jahres berichtete.
Persönlicher Eindruck:
mittelkleiner Malcharakter, geringes Hopfenaroma, leichte Bittere, relativ schlanker Körper, matt, weich, süffig, wenig herb
Das Thema des Abends war zunächst etwas undurchsichtig, war doch nur wenigen bewusst, was eigentlich unter einem Original der Bierszene zu verstehen ist. Umso interessanter waren dann die Beispiele, die Markus präsentierte, die ihn zu diesem Thema inspirierten: Familie Sitter vom Bier- und Wohlfühlhotel Gut Riedeslbach in Bayrischen Wald, Karl Zuser vom Biergasthof Riedberg aus dem österreichischen Innviertel oder der Bierpapst Conrad Seidl, der sein Geld (im Gegensatz zu mir) mit dem Schreiben über Bier verdient.
Ein weiteres Original der Bierszene- zumindest wenn es nach dem Magazin Bier, Bars & Brauer geht, kommt sogar nächsten Monat in die Eule und stellt seine Biere vor: Fritz Wülfing von Ale-Mania.
Weitere Originale der Bierszene, die in dieser Reihe noch genannt werden sollten sind: der erste Biersommelier Weltmeister Karl Schiffner aus dem österreichischen Großmühltal zwischen Deutschland und Tschechien, das Brauer-, Sommelier- und Bierbotschafter-Ehepaar Wächtler von bierbegeisterung.de, die kunterbunte Marke Mikkeller aus Dänemark sowie natürlich Sebastian Sauer mit Freigeist Bierkultur, an dem sich inzwischen selbst die Experten scheiden, ob er ein kreatives Genie oder nur ein Marketing-Verführer ist.
Ein weiteres Original ist zweifelsohne Michael Jackson. Doch es ist nicht die Rede von der weltberühmten verstorbenen Popmusik-Legende, sondern vom einem der größten Pioniere der Bierschreiberlinge. Der Beerhunter war einer der ersten die Ende der 1970er, die mit dem World Guide to Beer das Tor zur bis heute andauernden Craftbeer-Welle aufriss. Während die USA damals noch im Einheitsbrei des Light-Lagers unterging, beschrieb er in seinem Werk wie Bier überhaupt entsteht, welche Marken und Stile es weltweit gibt und wie man Bier bewusst auswählt und verkostet. Etwas das heute zum Glück nicht nur in Expertenkreisen zum Basiswissen gehört, war damals eine Revolution des Umgangs mit dem Thema Bier, das seitdem einen kontinuierlichen Bedeutungsgewinn erfährt.
Die Biere des Abends waren demgegenüber etwas weniger spektakulär, standen aber auch ganz im Zeichen des neuen Eulen-Konzepts. So machte ein eher ungewöhnliches Bier den Anfang: Das Fernseh-Bier Bitburger. Auch wenn man berücksichtig, dass Bitburger immer noch eine Privatbrauerei ist, gehört die Marke doch zu den größten Brauereien Deutschlands und ist sicher kein Geheimtipp im Rahmen einer Verkostung. Nichtsdestotrotz ist es sicher ein nachvollziehbarer Schritt das Pils als Stammbier beizubehalten, kommt es doch aus der benachbarten Eifel. Der berühmte Siegelhopfen befindet sich übrigens nur zu 5% in jeden Bit.
Persönlicher Eindruck:
– fruchtig, herb, feinperlig, hopfig
– typisch Bit, mild hopfig-herb, matt, weich, trockener Abgang
Direkt im Anschluss folgte die Vergleichsverkostung der alkoholfreien Variante des Bitburger Pils, das meines Erachtens im Mittelfeld der Alkoholfreien liegt:
Persönlicher Eindruck:
– sehr mild, süßlich, malzig
– getreidig-süß, süffig, malzig, weich, süßer Abgang
Im Anschluss ging es zu einem wahren Bieroriginal: das Urquell aus Pilsen. Auch wenn ich es bislang schon desöfteren im Rahmen meiner Biertätigkeit proBieren durfte, verliert es nicht an Reiz. So ist es nicht nur Begründer des Bierstils Pils(ner), sondern hat bis heute eine eigene Mälzerei und braut im selteneren Dreimaischverfahren. Eine weitere Besonderheit vom Pilsner Urquell sind die parallelen Brauprozesse. So wird das Bier für den Weltmarkt im eher industriellen Großbrauerei-Ambiente hergestellt, während man zeitgleich stets auch nach dem altherbrachten handwerklichen Brauverfahren und dem historischen Hefestrang von 1842 das Original der Originale nachbraut. Das hat zum Einen natürlich einen gewissen Traditions- und Retrohintergrund, dient aber der Qualitätssicherung des großindustriellen Urquells.
Persönlicher Eindruck:
– butterig, mild, süßlich
– bitterer, herb, malzig, süß, butteriger Abgang
Das letzte Bier der offiziellen Verkostung kam dann aus England. Ähnlich wie das Urquell kann das Marston’s Pedigree der Burton Union mit einem außergewöhnlichen Brauverfahren aufwarten. Das sogenannte „Burton Union System“, ist ein Fermentationssystem, bei dem Bier in einer Reihe miteinander verbundener Fässer vergärt. In jedem Fass befindet sich ein Ablassrohr, das den Gärungsschaum zurück in die Rinne führt. Die Rinnen sind geöffnet, sodass die offene Gärung die Raumluft mit einem einzigartigen Vergärungsgeruch prägt. Die Hefe ist ihre eigene und wurde in diesem System von Fässern kontinuierlich in über hundert Jahren erhalten. DAS heutige englische Ale hat jedoch zuletzt auch eine kleine Wandlung vollzogen. Nannte es sich noch bis vor Kurzem Pale Ale, wird es nun als Amber Ale geführt. Das hatte wohl den Hintergrund, dass das Bier einfach zu dunkel für die heutige Interpretation des Bierstils geworden ist. Konsequenterweise hat man das Bier dann gleich mit verdunkelt.
Persönlicher Eindruck:
– mild, süßlich, blumig, frisch
– würzig, malzig, leicht röstig & bittersüß
Gesamtfazit:
Meine persönliche Gesamtwertung der „offiziellen“ Februar-Verkostung sieht dann wie folgt aus:
Im Anschluss an die „offizielle“ Verkostung gab es dann noch folgende weitere Bierspezialitäten aus der immer noch 100 Biere umfassenden Bierkarte der Eule:
- Het Nest SchuppenAas:
– 12°P; 6,5%; obergärig
– Belgisches Ale von der ehemaligen Hobbybrauerei aus dem flämischen Oud-Turnhout (Gründung 2006)
– Ace of Spades
– http://www.brouwerijhetnest.be/content/schuppenaas-1
Persönlicher Eindruck:
– sauer, fruchtig, frisch
– wenig säuerlich, malzig, matt, dumpf, bitter, röstig-trocken-malziger Abgang
- De Dochter van de Korenaar Charbon:
– 7%; obergärig
– Smoked-Vanilla-Stout von der 2007 gegründeten Handwerksbrauerei aus der belgisch-niederländischen Exklaven-Enklaven-Stadt Barle-Hertog/Nassau
– gebraut mit Vanille-Bohnen aus Madagascar und Réunion
– http://www.dedochtervandekorenaar.be/#vastebierenCntr
Persönlicher Eindruck:
– stoutig, süßlich-vanillig, röstig
– weich, leicht vanillig, würzig, röstig, etwas bitter, vollmundig, herber Abgang
Vielen Dank also nochmals an Markus für den interessanten Abend. Ich wünsche dir viel Kraft und Erfolg bei den Renovierungsarbeiten und bei der Suche nach einem geeignetem neuen Pächter.
Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen und auf die Wiedereröffnung der Eule – von der ich selbstverständlich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend.
Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/