Oktober 8 2018

413. Brakspeare Bitter

Das letzte Lidl-Bier aus dem aktuellen Sortiment kommt zwar ebenfalls aus dem Marston’s Universum, wartet dafür aber mit einer brautechnischen Besonderheit auf.

Gebraut wird es von der 1711 in Henley-on-Thames / Oxfordshire gegründeten Brakspeare-Brauerei. Sehr klerikal-historisch versierte Nerds werden bei diesem Namen aufmerksam. Und tatsächlich ist Brauereigründer W.H. Brakspear ein entfernter Verwandter des einzigen englisch-stämmigen Papst in der Kirchengeschichte: Nicholas Breakspear alias Hadrian IV..  Bis 2002 konnte sich die Brauerei auch in familiären Händen halten, als schließlich die Wychwood Brewery zuschlug und die Brauerei schließen ließ. Seither wird es im etwa 35 Meilen entfernten Witney hergestellt. Zum Glück hatten die neuen Eigner aber ein Gespür für Tradition und Technik. Denn sie verfrachteten nach Schließung der alten Brauerei einen Teil des Equipments mit nach Witney und setzten so ein besonderes Brauverfahren fort.

Dieses Henley ‘ double-drop ’ fermentation system führt eine doppelte Vergärung durch. Hierfür sind zwei Kupferkessel in unterschiedliche Höhen angebracht. Zunächst findet eine ganz normale Vergärung im oberen Kessel statt. Nach etwa 16 Stunden erfolgt dann aber den Ablauf in den unteren Kessel. Das nun deutlich klarere Jungbier wird nun erneut mit Hefen versetzt und eine zweite (sauberere) Gärung setzt ein. Hierbei sollen ganz spezielle Butterscotch-Aromen freigesetzt werden, die dem Bier ein Alleinstellungsmerkmal geben.

1993 verkostete Michael Jackson (nein nicht der verstorbene Pop-Gigant, sondern der einer der bedeutendsten Bier-Schreiberlinge) das Brakspeare Bitter und fällte ein außerordentliches Urteil:

„In its delicate, malty sweetness, teasing, yeasty fruitiness, and hoppy bitterness, Brakspear’s ‚ordinary‘ is lightly refreshing, gently sociable, more-ish and appetite-arousing; the perfect combination in a bitter. The hoppiness is its salient feature.“ […] „Brakspear’s draft bitter is undoubtedly the best to be had in England.“

Steckbrief

Stil. . . . . . . . . . . . . . . Bitter
Brauart
. . . . . . . . . . . obergärig
Zutaten. . . . . . . . . . . Gerstenmalz, Hopfen, Hefe
Stammwürze
. . . . . . 
Alkoholgehalt. . . . . . 3,4%
Herkunft. . . . . . . . . . . Witney (England)
Erscheinungsjahr. . .
1779

Bewertung

  • Flaschendesign + Kronkorken:___9
  • Aussehen:____________________8
  • Geruch:______________________10
  • Geschmack:__________________10
Fazit

Geruch: ganz leicht metallisch, säuerlich-süß, getreidig, strohig, grasig, waldig, etwas bitter
Geschmack: süffig, trocken-malzig, hopfig-herb, klar-würzig, geringe Säure, wenig süße Bittere, feinperlig, herber Abgang
Gesamt: Leider hatte ich nicht mehr die Möglichkeit das Original aus dem letzten Jahrhundert zu proBieren und es mit meinem heutigen Bier zu vergleichen. Zwar ist es sicherlich kein schlechtes Bier, aber das beste Bitter Englands ist wohl nicht mehr. Ich meine mir einzubilden, die doppelte Fermentierung herauszuschmecken und es ist dadurch tatsächlich auch vielfältiger und charakterstärker als vergleichbare Biere auch in diesem Alkoholsegment. Trotzdem ist mir insgesamt zu stark herb-würzig, was einfach nicht meinen (heutigen) Geschmack trifft. Mit 10 Pkt. (2-) erhält das Bitter wohl dennoch eine faire Gesamtbewertung.

Weitere Infos zum Bier unter: https://brakspear.co.uk/our-beers/brakspear-bitter-6/.

Prost & guten Abend! ?


Veröffentlicht8. Oktober 2018 von Markus (Chefredakteur) in Kategorie "Bierrezension