570. Bierverkostung Zur Eule 02/20 – Drinkablity & Zechkultur
Bönnsch Ludwig I. Biersymphonie | Camba 4 Session | Camba Hell | Westmalle Tripel | Bitburger Winterbock | St. Peter’s Old-Style Porter
Nach vier langen Monaten hatte ich letzte Woche wieder mal die Gelegenheit zum Biermontag in die Kierberger Eule zu fahren. Thema vom Biersommelier Markus Weick für den Februar war „Drinkability & Zechkultur“. Zwei Begriffe, die auch Teil der Bierkultur und eng miteinander verwoben sind. Dabei geht es allerdings nicht ausschließlich um’s „Besaufen“, sondern auch um den lockeren Biergenuss.
Drinkablity
Drinkability bedeutet grundsätzlich – wie es der Name schon verrät – die Trinkbarkeit von Getränken. Der Begriff bezieht sich auf bezieht sich auf die Wahrnehmung von Gewicht bzw. Dichte und Fließwiderstand von Getränken im Mund. Bei Bieren ist hierbei vor allem die Süffigkeit gemeint. Süffig ist ein Bier, wenn man es möglichst leicht und angenehm trinken kann – es ist dann schlank und rund. Ist ein Bier eher füllig, mächtig oder gar likörartig spricht man von Vollmundigkeit. Ein Beispiel für ein sehr süffiges Bier ist das Kölsch. Ein recht vollmundiges Bier ist beispielsweise der Weizendoppelbock. Beide Begriffe werden allerdings im Bier-Marketing missbräuchlich auch für jeweils andere Bierstile verwendet. Wesentliche Treiber der Vollmundigkeit sind hoher Alkoholgehalt, niedriger Vergärungsgrad, hoher Malzanteil, viel Süße und Trübstoffe, die nicht herausgefiltert wurden. Im Vergleich zu süffigen Bieren dürfen Biere mit hoher Drinkability jedoch nicht zu langweilig sein.
Gerade die Craftbeer-Szene ringt mit diesem Begriff, da viele sog. Craftbiere eben wenig süffig und daher gering „drinkable“ sind. Doch immer mehr Brauereien stellen neben den Klassikern wie IPA oder Stout nun auch Biere zur Verfügung, die keine anspruchsvolle Geruchs- oder Geschmacksvielfalt wie -tiefe beinhalten. Diese können auch zu lockeren Gelegenheiten getrunken werden und erschließen somit nebenbei auch eine größere Zielgruppe.
Zechkultur
Der Begriff „Drinkability“ bzw. Süffigkeit ist eng mit der heutzutage eher bei der jüngeren Generation gelebten Zechkultur verbunden. Markus präsentierte nicht nur diverseste Spielideen, die damit verbunden sind, sondern versuchte sich auch am sog. Yard of Ale. Dies ist eine vermutlich bereits hunderte Jahre alte Glasform, die sehr schmal etwa 1,5l fasst. Vergleichbar mit dem sog. Stiefel ist diese jedoch unten Kugelrund und lässt sich auch nicht abstellen. Dadurch ist man quasi gezwungen das Bier schnellstmöglich „herunterzukippen“. Während der Rekord bei knapp einer halben Minute liegt, hat sich Markus nicht unter Druck setzen lassen und dies auf den ganzen Abend ausgedehnt. Damit er immer noch präsentierfähig ist, hat er auch nur alkoholfreies Bier verwendet.
Die Biere
Den bierigen Beginn machte das neueste Saison-Bier vom Bönnsch: Die Beethoven I. Biersymphonie – ein naturtrübes und mit Aromahopfen versehenes Pils.
Persönlicher Eindruck:
süßlich-malzig, melonenfruchtig
sehr würzig, hopfig herb, grasig bis strohig
Weiter ging es mit einem Bier, das sehr gut ins Thema passt, da es eine Bierkategorie symbolisiert, die die Drinkability verkörpert: die sog. Session-Biere. Grundsätzlich sind das leichtere Bier mit weniger Alkohol und geringeren Malz- und Hopfennoten. Der recht neu erscheinende Begriff des Session-Bieres könnte schon über hundert Jahre alt sein. Zu dieser Zeit gab es in Großbritannien restriktive Kneipenöffnungszeiten, die nur zu bestimmten Zeiten bzw. Sessions geöffnet waren. Damit sich aber die Leute nicht unter Druck zu sehr betranken, soll milderes Bier ausgeschenkt worden sein.
Beim Session Bier von Camba – einer der bekanntesten Craftbier-Marken Deutschlands, die einst als Showroom-Brauerei starteten – handelt es sich um ein American Pale Ale mit geringen Bittereinheiten und nur etwas mehr als vier Prozent Alkohol.
Persönlicher Eindruck:
fruchtig mild, Süßholz
trocken-würzig, mild-grasig, geringe Hopfennote, kaum Herbe
Als drittes Bier erwartete uns erneut ein Vertreter von Camba. Das Helle der Chiemseer entspricht in etwa der neuen Drinkability-Offensive der Szene, wobei Camba, seit jeher neben den typischen Craftbier-Stilen auch traditionelle bayrische Bierstile herausgebracht hat.
Persönlicher Eindruck:
wenig wie ein typisches Helles, eher Hausbrau-ähnlich
mittelmalzig, hefig, leicht gehopft, buttrig, gemüsig
Als vorletztes Bier der Verkostung ging das Tripel von Westmalle in den Ring. Obwohl es mit 9,5% daherkommt passt es ebenfalls zum Thema Drinkability. Denn in diesem Stilbildenden Bier aus der flandernschen Trappisten-Kloster-Brauerei wird Zucker mit vergoren, sodass zwar hohe Alkoholgrade erreicht werden, das Bier aber dennoch relativ leicht schmeckt.
Persönlicher Eindruck:
sehr süß, Lakritz, Minze
malzig, süßlich nach Honig, hefig, etwas bitter, leichtes Alkoholaroma
Trotz des doch recht allgemeinen Themas hatte es Markus bis dahin geschafft Biere auszuwählen, die ich noch nicht gelistet hatte. Den Abschluss der Verkostung – und damit das vollmundigste Bier des Abends – hatte ich dann aber doch bereits vom ersten Kierberger Stärk Antrinken proBiert.
Persönlicher Eindruck:
Karamell, süßmalzig, etwas harzig
größerer Köper, süßmalzig, Vanille, (ge-)würzig, leicht waldig, bittersüßer Abgang
Das Gesamtresultat des Tastings in der Übersicht:
Im Anschluss gab es dann noch folgende besondere Köstlichkeiten in gemeinsamer Runde zu verkosten:
- Bitburger Winterbock
– untergärig; 16.8°P; 7%
– Helles Bockbier der größten Privatbrauerei Deutschlands
hellmalzig, Karamell
relativ mild, cremig-malzig, karamellig, leicht Bonbon, geringes Alkoholaroma
– https://www.bitburger.de/winterbock/
- St. Peter’s Old-Style Porter
– obergärig; 5,1%
– Porter aus jungem und gelagerten Ale
sehr karamellig, dunkelmalzig, süßlich
trocken, dunkelmalzig, strohig, gering süß, mild
– https://www.stpetersbrewery.co.uk/products/porters-and-stouts/old-style-porter/
Vielen Dank also nochmals an Markus für den sehr interessanten Abend.
Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen – von denen ich wenn möglich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend.
Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/