Dezember 28 2016

143. Herrnbräu Jubiläums-Sud (#2)

Last but not least bzw. das Beste kommt zum Schluss: Die letzte Rezension des Bierjubiläum-Jahres ist DER bierige Höhepunkt meines Bierblogs: Der (Bier-)Jubiläums-Sondersud von Herrnbräu aus der Stadt des „Reinheitsgebotes“:

„Ingolstadt, ehemalige Herzogstadt und Sitz der ersten bayerischen Landesuniversität ist die Heimat von Herrnbräu. Herzog Wilhelm IV. verkündete in Ingolstadt am 23. April (Georgitag) 1516 […] ‚Das Bayerische Reinheitsgebot‘.

2016 feiert ‚Das Bayerische Reinheitsgebot‘ seinen 500. Geburtstag. Speziell hierfür wird der „Herrnbräu Jubiläums-Sud“ mit einem Stammwürzegehalt von 12,8 % im klassichen Ein-Maischverfahren gebraut. Alle verwendeten Rohstoffe stammen aus der Region. Als Resultat eines altüberlieferten Rezeptes mit einem extra hohen Anteil an Röst- und Karamellmalz eingebraut, unter Zugabe aromatischen Hallertauer Hopfens und einer exakt kontrollierten Gärung mit frischer untergäriger Herrnbräu-Hefe entsteht ein dunkles [Keller-]Bier. […] Naturbelassen und unfiltriert.“

Dank des KALEA-Bieradventskalenders kommt das wohl nur schwer zugängliche Spezialbier genau rechtzeitig zur (vor-)letzten und herausragendsten Etappe für 500 Jahre Reinheitsgebot. Auch wenn damit meine Kritik am aktuellen „Reinheitsgebot“ nicht untergehen soll, bin ich hocherfreut dieses Bier als Abschluss und Höhepunkt der Einzelrezensionen verköstigen zu dürfen.

Für weitere Infos zur Brauerei und zum Bierjubiläum siehe auch und .

Steckbrief

Bewertung

  • Flaschendesign + Kronkorken

Selbstverständlich aus Bierjubiläumssicht das non-plus-ultra, auch wenn objektiv einige Kritikpunkte (zu verspielt, zu unkreativ, zu wenige Informationen) genannt werden müssten.

  • Aussehen

Dunkelorangerotes und naturtrübes Bernstein mit guter und haltbarer feinporiger Schaumkrone.

  • Geruch

Malzig bis röstmalzig, leicht grasig und brotig mit einem dezenten Hauch von Zitrone.

  • Geschmack

Sowohl mild süß als auch mild würzig in der Röstmalznote. Dazu eine leichte Bittere und wieder ein Hauch von Zitrone in den Zwischentönen. Der gute Körper wird von einer eher dumpfen Rezenz begleitet. Der Abgang gestaltet sich erst feinherb, dann trocken-malzig und schließlich wieder ein wenig süßlich.

  • Fazit

Objektiv: Wahrlich ein passendes Bier zum Bierjubiläum. Historische Rezeptur mit moderner Brautechnik gebraut. Zwar kein unbedingter Überflieger in Sachen Kreativität, dafür aber besonders repräsentativ für den gegebenen Anlass.
Subjektiv: Kein Bier passt besser in dieses Blogformat. Kein Bier repräsentiert das Bierjubiläum mehr als dieses. Und kein Bier könnte das Bierjubiläumsjahr so hervorragend schließen als der Bierjubiläumssud. Deshalb zum ersten Mal die absolute Bestnote in der Gesamtwertung: 15 von 15 Pkt. (1+).

Weitere Infos zum Bier unter: http://www.herrnbraeu.de/de/herrnbraeu/herrnbraeu-jubilaeums-sud.html.

Damit verabschiede ich mich aus dem Bierjubiläums-Jahr und melde mich erst im neuen Jahr wieder mit der Zusammenfassung von Silvester und einem (persönlichen) Fazit aus einem Jahr Bierblog zurück.

Vielen Dank an alle Leser für Euer Interesse und einen guten Rutsch in 2016+1.

Prost!

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Mai 11 2016

59. 16 – BlackImperialBock

Zum Abschluss der Reinheitsgebots-Festwochen schließt sich der Kreis zur Eröffnung (siehe 50.). Denn mit dem Black Imperial Bock der Junioren der Privaten Brauereien handelt es sich um das zweite Bier, das anlässlich des Bierjubiläums von Junior-Brauern des Verbandes Privater Brauereien kreiert wurde.

Die jungen Brauer der Verbandsbrauereien hatten anlässlich des Bierjubiläums das Projekt 2016 ins Leben gerufen. Dabei wollten sie zeigen, dass das Reinheitsgebot aktueller und innovativer denn je ist. Zu den bekannten 4 Rohstoffen Wasser, Malz, Hopfen und Hefe fügten sie ihre Kreativität und ihr brautechnisches Know-How als fünftes Element hinzu und kreierten – wie sie es bezeichnen – zwei klasse innovative Genussbiere.

„Brauen mit dem Reinheitsgebot heißt seit 500 Jahren etwas G´scheites, Echtes, nichts Gepanschtes, eben Bierbrauen nur mit Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.
Dazu kommen wir – der fünfte Rohstoff. Die frische Kreativität von 21 jungen  PrivatbrauerInnen aus ganz Süddeutschland. Wir sind Braumeister und Getränkebtriebswirte, leidenschaftliche Profis. Wir wissen, was wir tun, wir brauen in richtigen Sudhäusern. Entstanden sind zwei Genussbiere mit Trafition und frischer Kreativität, eben Biergenuss für den besonderen Anlass.“

So möchte ich die Festwochen nun mit der 16 schließen. Einem sogenannten Black-Imperial-Bock, das auf dem Rücklabel wie folgt beschrieben wird:

„Schwarz und charakterstark, so präsentiert sich unser BlackImperialBock. Eine Versuchung für jeden besonderen Anlass. Schon in der Nase begrüßen Sie intensive Schokoladen- und Karamellaromen, gefolgt von kernigen Kaffeenoten und einem Hauch von Rauch im Geschmack. Feine Aromahopfen runden das Geschmacksfeuerwerk im Mund ab, und am Ende bleibt nur ein Lächeln und die Freude auf den nächsten Schluck“

Steckbrief

59_16-Steckbrief

Bewertung

59_16

  • Flaschendesign + Kronkorken

Hier ist dem in 50. geschilderten Äußerungen fast nichts hinzuzufügen. Insbesondere aber die Farbkombination aus Gelb und Grün gefällt mir bei den beiden Bieren.

  • Aussehen

Endlich mal wieder ein dunkles Bier. Neben der dunklen Kastanienfarbe und der vermutlichen Naturtrübung fällt die enorme Schaumbildung und lange Haltbarkeit sehr positiv auf.

  • Geruch

„Schon in der Nase begrüßen intensive Schokoladen- und Karamellaromen…“ heißt es in der Beschreibung. Und in der Tat ist eine feine Zartbitter-Schokoladennote erkennbar. Viel stärker sticht allerdings ein rauchiger und röstmalziger Geruch heraus. Die Karamellsüße kann ich demgegenüber nicht erkennen.

  • Geschmack

„… gefolgt von kernigen Kaffeenoten und einem Hauch Rauch im Geschmack.“  heißt es weiter. Der schon zuvor identifizierte Rauch zieht sich auch im Geschmack durch. Ebenso die Röstmalznoten. Zudem kommt immer wieder eine aromatische Bitterkeit und eine dumpfe fruchtige Süße durch. Selbst den Kaffee kann man erstaunlich gut herausschmecken. Die Resenz ist nur mäßig, der Abgang aber umso intensiver. Süß und gleichzeitig herb und vor allem recht ölig bleibt das 16 in Erinnerung.

  • Fazit

Wer über Biervielfalt im Bierjubiläumsjahr philosophiert, für den ist nicht nur das 20 definitiv das Non-Plus-Ultra, auch das 16 kann da ebenso mithalten. Hintergrund und Präsentation selbstverständlich ebenfalls erstklassig. Leider kann mich aber auch dieses Bier nicht in Gänze überzeugen, da ich mir einfach von einem solch besonderen Produkt noch etwas mehr Kreativität und Geschmacksvielfalt erwartet hätte. Nichtsdestotrotz erreicht es gleicher- und verdientermaßen sowie herausragende 14 Pkt. (1).

59_16-Bewertung

Für weitere Infos rund um den Verband Private Brauereien siehe http://www.private-brauereien.de/de/index.php.

Zum Projekt 2016 der Junioren geht hier entlang:  http://www.private-brauereien.de/de/private-brauereien/projekt-2016-der-junioren/index.php.

Zudem bietet der Verband auch umfangreiche interessante Informationen zum Reinheitsgebot: http://www.private-brauereien.de/de/reinheitsgebot/index.php.

Und vielen vielen Dank nochmals an Markus! (http://wordpress.99biere.de)

Prost Reinheitsgebot!

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Mai 10 2016

58. Falkenfelser Festbier – 500 Jahre Reinheitsgebot

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen für das Bierjubiläum vollständig auf einerseits die sogenannten Fernsehbiere und andererseits die Discount-Biere zu verzichten. Im Rahmen meiner Recherchen bin ich dann aber auf das obige Bier aus dem Netto-Markt gestoßen und konnte daran nun schlecht vorbeigehen ohne es zu kaufen. Nicht nur der Anlass war ein Kaufgrund, auch bietet sich die einmalige Gelegenheit das Discount Produkt mal mit der Konkurrenz zu vergleichen – auch wenn ein 1:1-Vergleich aufgrund der Biersorte natürlich nicht möglich ist. Außerdem gab es zeitgleich auch noch eine Rabattaufkleberaktion bei Netto, sodass mir dieses Bier tatsächlich nur 39 ¢ gekostet hat. Also auf ein gutes Gelingen.

Steckbrief

58_Falkenfelser Festbier-Steckbrief

Bewertung

58_Falkenfelser Festbier

  • Flaschendesign + Kronkorken

Zugegebenermaßen gefällt mir das Flaschendesign besser als für ein Discount-Bier vermutet. Die Schlichtheit kommt mir grundsätzlich entgegen, auch wenn hier natürlich schon erkennbar ist, dass man es nicht mit einem hochwertigen Produkt zu tun hat.

  • Aussehen

Farblich und hinsichtlich Schaumbildung ist dem Festbier auch kein großer Vorwurf zu machen. Dass nicht (mehr) viele Biere naturtrüb hergestellt werden, habe ich ja bereits erleben dürfen und gehört einfach zu verschiedenen Bierstilen dazu.

  • Geruch

Hier bin ich zunächst positiv überrascht, da eine klare Röstmalz-Note heraussticht. Auch erriechbar ist eine grundsätzlich fruchtig-hopfige Note. Allerdings fällt schon ein leicht industrieller Einschlag auf, der das Geruchserlebnis etwas trübt.

  • Geschmack

Im ersten Moment bin ich ebenfalls positiv überrascht. Die Karamellmalzige Süße verbindet sich zunächst sehr schön mit der hopfigen Bitterkeit. Allerdings wird diese im Verlaufe immer unrunder und äußert sich dann in einem herben lang anhaltenden und z.T. stechenden Abgang. Zwar nehmen diese Irritationen mit der Zeit ab – ein merkwürdiges Gefühl aber bleibt.

  • Fazit

Wie fast zu vermuten schlägt sich das Discount-Festbier erstaunlich gut. Klar, kann man bei 39 ¢ keine Geschmacksexplosion erwarten und auf eine handwerkliche Braukunst hoffen. Aber gerade für den kleinen Geldbeutel ein mehr als anständiges Bier und vermutlich besser als die anderen Produkte der Reihe. Insgesamt hat es bei mir daher mit 11 Pkt. eine gute 2 verdient.

58_Falkenfelser Festbier-Bewertung

Prost 500 Jahre Reinheitsgebot!

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April 24 2016

Holy Craft Beer Messe Walberberg

23. April 2016 – 500 Jahre deutsches Bierreinheitsgebot!

Um den gestrigen Tag der Tage auch gebührend zu begehen, half das Schicksal ein wenig mit. Denn just an diesem Wochenende fand die erste „Holy Craft Beer Messe“ in Bornheim Walberberg statt. Veranstaltungsort war die Domäne Walberberg. Eine historische Klosteranlage im Bornheimer Westen – ideal also für Brühler erreichbar. Die Ausstellung selbst fand in der ehemaligen Klosterkirche statt – deshalb der Zusatz „Holy“, auch wenn der Anblick einer Biertheke als Altar schon etwas gewöhnungsbedürftig war.

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Insbesondere vor dem Hintergrund des historischen Bierjubiläums, war es ein perfekter Zeitpunkt, um zu zeigen, was es auch noch jenseits von Bitburger, Krombacher & Co. gibt. Für mich und den anderen Markus war es aber auch einfach nur sehr schön um der deutschen und internationalen Biervielfalt zu frönen.

Folgende Aussteller gaben sich die Ehre:

Britische Biere BrauArt Düsseldorf_I Britische Biere BrauArt Düsseldorf_II

  • BeernerdBottleshop für Australische Biere aus Bielefeld
    (www.beernerd.de)

Prancing Pony Australia_I Prancing Pony Australia_II

Craftbeer Corner Coeln_i

Von FreudeDaneben gab es noch einen weiteren Stand mit diversen deutschen und internationalen (Craft-)Bieren. Außerdem standen an einer Stelle auch ausgewählte Hopfenpellets und Gerstenmalz zur Duft- und Fühlprobe bereit:

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Glücklicherweise war der Besucherstrom auch nicht übermäßig, sodass man tatsächlich auch die schiere Menge an über 200 unterschiedlichen Biere auf sich wirken lassen konnte. Egal ob deutsche, britische, niederländische, belgische, österreichische, estnische, dänische, norwegische, südafrikanische, US-amerikanische oder australische: Es war einfach herrlich eine derartige Vielfalt zu bewundern und zu probieren. Von sauer bis süß, salzig bis würzig, fruchtig bis kaffeeartig, von leicht bis schwer, von sanft bis bitter, von hell bis dunkel war alles dabei. Und es war wieder einmal der Beweis, dass das Reinheitsgebot wie es heute gilt, einer dringenden Reformation bedarf, damit endlich hochqualitative aber eben nicht Mainstream-Biere eine echte Chance haben. Neben der Verkostung von so vielen unterschiedlichen Biergeschmäckern, hatte man auch die Gelegenheit sich mit den Ausstellern ins Gespräch zu kommen. Dabei ließ sich nicht nur über Bier und Biervielfalt, sondern auch über die persönlichen Geschichten philosophieren.

Meine probierten Biere an dem Abend waren:

Außerdem hatte ich die Gelegenheit genutzt und mir ein paar australische und hamburgische Craft-Biere erstanden. Den Craftbeer Corner Coeln, der ja eigentlich in Hürth stationiert ist, werde ich demnächst mal ansteuern, um auch die vielen weiteren Biere, die ich nicht verköstigen konnte, genießen zu können. Die über 30 Kronkorken, die ich an den einzelnen Ständen ergattern konnte, rundeten den Abend sehr schön ab.

Hier einige Impressionen:

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Mein Fazit:
Es tut gut, dass die Craft-Bier-Bewegung nun auch in Deutschland Fuß gefasst hat. Damit wird die deutsche Biervielfalt nach einer (im Vergleich zu den USA nicht ganz so starken) Zentralisierung in den vergangenen Jahrzehnten hoffentlich wieder regionalisiert und erhöht. Dass dabei auch auf hochqualitative Zutaten wert gelegt wird ist ein netter Nebeneffekt. Allerdings sollte bei der ganzen Bewegung auch nicht der Kern der Sache außer Acht gelassen werden: Der Geschmack. Bei aller Experimentierfreude, bringt es freilich wenig, wenn es am Ende nicht schmeckt. Auch sollte differenziert werden, wer sich hier auf dem Markt tummelt. Denn nicht selten sind es nur findige Unternehmer, die aus dem Hype Kapital schlagen wollen und selbst überhaupt keinen Bezug zum Bier und zum Brauen haben.

Weitere Infos gibt es übrigens unter:
https://www.facebook.com/holybeermesse/,
http://www.general-anzeiger-bonn.de/besser-leben/genuss/gastro-aktuell/Geschmack-abseits-des-Reinheitsgebots-article3232292.html und
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bier-craft-beer-brauer-leiden-unter-schlechter-hopfen-ernte-a-1084836.html

Beim Genuss des Reinheitsgebots-Bieres par excellence Herrnbräu Tradition im urigen Schmitz-Mönk-Krug (aus meiner Heimatbrauerei in Willich-Anrath) verabschiede ich mich in den Abend und wünsche ein weiteres Mal Prosit Reinheitsgebot!

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April 23 2016

23.04.1516 – 23.04.2016: 500 Jahre Reinheitsgebot – (K)ein Grund zum Jubeln?

Heute ist es nun soweit: Das „Reinheitsgebot“ (wie es heutzutage genannt wird) feiert seinen 500. Geburtstag! Höchste Zeit also für eine Hülle und Fülle an Gratulationen und Glückwünschen?! Ich würde sagen ja, aber…

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Damals wie heute ist dieses Reinheitsgebot nicht unumstritten. War es damals noch die scheinbare Preissicherheit und die Zentralisierung des Braurechts bei der herrschenden Elite, ist heute vor allem die aktuelle Rechtslage sowie die Abnutzung des Begriffs als Marketinginstrument größter Kritikpunkt der Gegnerschaft. Bei all der Kritik wird allerdings häufig vergessen, dass wir in Deutschland mit einer der vielfältigsten und hochwertigsten Bierlandschaft der Welt gesegnet sind, die sicher auch zu einem Teil auf die nun schon 500 Jahre bestehenden Beschränkungen des Bierbrauens zurückgeht. Was ist also dran an all der Kritik, die sich insbesondere im Jubiläumsjahr im Netz und in den Medien ausbreitet?

Festzuhalten bleibt, dass es das (deutsche) Reinheitsgebot so nicht gibt. Erst einmal hat es viele Jahrhunderte gebraucht bis sich das Gebot in ganz Deutschland durchsetzen konnte, wobei es im Laufe der Zeit immer mal wieder modifiziert wurde. Dabei gab es (siehe Beispiel DDR) und gibt es bis heute immer wieder Ausnahmen vom „strengen“ Reinheitsgebot. Zudem ist die derzeitige Biergesetzgebung derart inkonsequent, dass das Label „gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot“ eigentlich kaum noch ein wirkliches Qualitätsmerkmal ist. Ohne mich in die lange Reihe der Kritiker einreihen zu wollen, muss alleine ganz grundsätzlich bemängelt werden, dass es eine derart unterschiedliche Regelung zu unter- und obergäriger Brauart gibt. Es ist kaum vermittelbar, warum in untergärigen Bieren bis heute nur Gerstenmalz, Hopfen und Hefe eingesetzt werden darf, wohingegen bei obergärigen Bieren auch Weizen, Roggen und Hafer sowie Rohr-, Rüben-, Invert- und Stärkezucker, Süßstoffe und daraus hergestellte Farbstoffe Verwendung finden dürfen. Der größte Kritikpunkt hingegen ist wohl, dass trotz dieser reinlichen Vorschrift die Möglichkeit besteht allerhand sogenannter Lebensmittelzusatzstoffe beizumengen, um beispielsweise die Naturtrübung des Bieres zu entfernen. Vor allem die Diskrepanz zwischen der erlaubten Verwendung von chemischen Hilfsstoffen und alleine des Verbots von anderen Getreidegattungen wie Reis, Mais oder Hirse, unterstreicht für mich die Fragwürdigkeit des heute geltenden Biergesetzes.

Meiner Ansicht nach Bedarf es also einer Reform (nicht Revolution) des heutigen „Reinheitsgebots“. Dabei sollten folgende Punkte berücksichtigt werden, die zukünftig für ein deutsches Bier gelten sollten:

1. Genehmigung der Verwendung aller Formen von Getreidemalz – dabei gelten folgende Pflanzen als Getreide:

  • Gerste
  • Weizen und dessen Arten wie z.B. Einkorn, Emmer oder Dinkel
  • Roggen
  • Hafer
  • Reis
  • Mais
  • Hirse (Rispen- und Kolbenhirse, Sorghum sowie alle weiteren Arten)
  • sowie alle daraus entstandenen Kreuzungen wie Triticale oder Secalotricum

2. Möglichkeit der zusätzlichen Verwendung von allen oben genannten Getreiden als Rohfrucht

3. Klare Vorgabe zur ausschließlichen Verwendung folgender Zusatzstoffe:

  • Direkte Getreideprodukte (z.B. Maltose)
  • Pseudogetreide (wie Buchweizen, Quinoa oder Amaranth)
  • Grut (Biergewürze wie Porst, Gagel, Schafgarbe, Heidekraut, Wacholder, Beifuß o.a.)
  • weitere natürliche Zutaten wie Zucker, Salz, Gewürze, Früchte oder Gemüse in möglichst unverarbeiteter Form und angemessenem Anteil

4. Ausschluss bzw. strenge Begrenzung der (chemischen) Lebensmittelzusatzstoffe, Konzentrate & Extrakte welche in der Bierherstellung (keine) Verwendung finden dürfen

5. vollumfängliche Kennzeichnung und Ausweis aller verwendeten Hauptinhalts- sowie Zusatzstoffe

Zudem wäre unabhängig der Zutatendiskussion eine klare Darstellung des tatsächlichen Brauortes sowie bei abhängigen Brauereien auch die Nennung der zugehörigen Braugruppe/Großunternehmens auf dem Bieretikett sehr  wünschenswert.

Dabei soll es niemals darum gehen strenge Vorschriften zur Lebensmittelqualität aufzuweichen, sondern die heutzutage stark dezimierte Biervielfalt Deutschlands wiederzubeleben und mit dem fraglos sehr hohen Brau-Know-How deutscher Bierproduzenten neue hochwertige Biere zu kreieren. Die Reform des Reinheitsgebots würde überdies auch Vorteile für die deutschen Brauer bereithalten. So könnte man mit Reis- oder Maisbieren einen ganz neuen Massenmarkt für günstigere Biere eröffnen. Gleichzeitig würden die „klassischen“ Biere nach dem traditionellen Reinheitsgebot aufgewertet. Zudem hätte man mit modernen kreativen Bieren eine wohl weitaus größere Chance die Jugend (aber auch Erwachsene) wieder zum Bier trinken zu gewinnen, als mit irgendwelchen Biermischgetränken.

Ein Vorschlag zur Güte wäre meiner Meinung nach deshalb eine Kategorisierung von Bieren. Je nach Verwendung von Hauptinhalts- oder Zusatzstoffen (unabhängig der Brauart), wird es einer von fünf Klassen zugeordnet. Folgende Übersicht soll das einmal verdeutlichen:

Dabei wird je nach Rezeptur zwischen Reinheitsgebotskonform oder nicht unterschieden. Darüber hinaus dürfen sich Biere der ersten drei Klassen noch mit einem zusätzlichen Gütekriterium versehen lassen.

Im Fokus des Bierbrauens sollte auch in Zukunft unabhängig des Bieres die grundsätzliche Verwendung von hochwertigen Zutaten stehen. Ein neues für alle Reinheitsgebotskonformen Biere geltendes Gütesiegel könnte dabei für mehr Verbrauchersicherheit sorgen. Eine Arbeitsversion könnte in etwa so aussehen:

Alle weiteren in Deutschland produzierten Biere könnten sich selbstverständlich auch Bier nennen (auch das ist heute noch nicht möglich), insofern sie bestimmte weitere Kriterien (wie Malzanteil, Verwendung von Hopfen oder Hefe etc.) erfüllen. Zudem sind natürlich alle aktuell geltenden Ausnahmen von dieser Regelung weiterhin ausgenommen. Meiner Ansicht nach sollte überdies angestrebt werden, diese allumfassende Regelung auch auf die importierten Biere aus dem Ausland anzuwenden, um dem Verbraucher eine möglichst hohe Transparenz und Sicherheit zu geben. Da diese Regelung deutlich internationaler orientiert ist, sollte dies auf geringeren Widerstand stoßen.

Nur somit kann das Reinheitsgebot wieder das sein, was es seit jeher sein sollte, aber durch unterschiedlichste Missbräuche niemals so recht wurde: Ein Qualitätsmerkmal für allerhöchste Braukunst und hochwertigste Zutaten.

Weitere Informationen zum Reinheitsgebot an dieser Stelle unter: 45. & Das Reinheitsgebot

Zudem hier noch einige ausgewählte interessante Links zum Thema:

http://reinheitsgebot.de/startseite/

http://www.welt.de/icon/article153626650/Warum-man-das-Reinheitsgebot-endlich-kippen-sollte.html

http://www.welt.de/sonderthemen/bierreport/article148093684/Warum-sollte-das-Reinheitsgebot-noch-aktuell-sein.html

http://blogs.faz.net/bierblog/

http://deutschekreativbrauer.de/das-natuerlichkeitsgebot/

http://www.taz.de/Zum-Start-der-Gruenen-Woche/!5265757/

http://www.bier1516.bayern/biergeschichten.html

http://www.online-beilage.idowa.de/beilagen/archiv/20160122_reinheitsgebot/index.html#1

http://www.lieblingsbier.de/2015/04/23/wir-brauchen-ein-reinheitsgebot-2-0/

http://www.slowfood-hamburg.de/reinheitsgebot/

http://www.besser-bier-brauen.de/so-siehts-aus/das-reinheitsgebot-die-reine-wahrheit/

http://bier-scout.de/500-jahre-bayerisches-reinheitsgebot-kein-grund-zum-feiern/

http://www.besser-bier-brauen.de/kolumnen/so-siehts-aus/das-reinheitsgebot-die-reine-wahrheit/

http://www.beerkeeper.news/neues-zum-thema-reinheitsgebot

http://www.transgen.de/datenbank/lebensmittel/2095.bier.html

In diesem Sinne also nochmals alles Gute zum 500-Jährigen!

Ein Prosit auf das Reinheitsgebot!

Katgeorie:Allgemein, In eigener Sache | Kommentare deaktiviert für 23.04.1516 – 23.04.2016: 500 Jahre Reinheitsgebot – (K)ein Grund zum Jubeln?
April 23 2016

500!

500Liebes Reinheitsgebot,

herzlichen Glückwunsch zu Deinem 500. Geburtstag. Lass Dich ausgiebig und feucht-fröhlich feiern und genieße Deinen Ehrentag.

Hier ein kurzer Überblick über die Feierlichkeiten:

https://www.google.de/search?q=500+jhare+reinheitsg&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=WGobV7TuFcepsAHJpZSgBQ#q=500+jahre+reinheitsgebot&tbm=nws

Wir wünschen Dir alles Gute für die Zukunft. Auf, dass Du in neuer Form zur alten Stärke zurückkehrst.

In tiefer Verbundenheit

Dein Team vom Bierjubiläum

Prost!

Katgeorie:In eigener Sache | Kommentare deaktiviert für 500!
April 19 2016

50. 20 – HopfenWeizenBock

Noch keine Woche ist das Ereignis des Jahres mehr entfernt. Zeit also um in die heiße Phase des Bierjubiläums einzusteigen. Und das werde ich gebührend einläuten mit einem Geschenk vom Brühler Biersommelier Markus Weick, den ich ja zur Bierverköstigung in diesem Monat zum Thema 500 Jahre Reinheitsgebot unterstützte. Dabei handelt es sich um zwei Biere, die anlässlich dieses Jubiläums von Junior-Brauern des Verbandes Privater Brauereien kreiert wurden.

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Der Verband Private Brauereien organisiert eigenständige mittelständische Brauereien in ganz Deutschland. Da diese tatsächlich zumindest von der Anzahl her gesehen noch eine breite Mehrheit der Brauereien ausmachen, ist der Verband entsprechend stark besetzt. Unter anderem engagiert sich der Verband für die folgenden Interessen:

  • Förderung regionaler Rohstoffe ohne Gentechnik
  • Engagierter Einsatz für den Erhalt der Biervielfalt
  • Konsequente Beibehaltung des Reinheitsgebots von 1516
  • Aktives Mitwirken an Gesetzesvorlagen, national und in der EU
  • Erhalt der Biersteuermengenstaffel, damit auch in Zukunft kleine und mittelständische Privatbrauereien eine wirtschaftliche Basis haben
  • Veranstalter des internationalen Bierwettbewerbs „European Beer Star

Organisiert in vier Regionalverbänden bietet der Verband diverse Dienstleistungen für seine Mitglieder an. Unterstützung wird auf folgenden Gebieten gegeben:

  • Betriebswirtschaft
  • Marketing/Vertrieb
  • Recht
  • Versicherung
  • Arbeitsschutz/Betriebssicherheit
  • Technik
  • Umweltschutz
  • Ausbildung
  • Seminare

Die jungen Brauer der Verbandsbrauereien haben anlässlich des Bierjubiläums das Projekt 2016 ins Leben gerufen. Dabei wollen sie zeigen, dass das Reinheitsgebot aktueller und innovativer denn je ist. Zu den bekannten 4 Rohstoffen Wasser, Malz, Hopfen und Hefe fügen sie ihre Kreativität und ihr brautechnisches Know-How als fünftes Element hinzu und kreieren – wie sie es bezeichnen – zwei klasse innovative Genussbiere.

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Beginnen möchte mit der 20. Einem sogenannten Hopfen-Weizen-Bock, das auf dem Rücklabel wie folgt beschrieben wird:

„Unser HopfenWeizenBock vereint das Beste aus zwei Welten: Fruchtige Aromen, sowohl von der charaktervollen obergärigen Hefe, als auch vom feinen Aromahopfenspiel, ein vollmundiger Körper mit edlem Prickeln und eine dezente Bitternote, die so richtig Lust auf den nächsten Schluck macht.
Über dem Bier thront ein fester, cremiger Schaumhimmel, das schönste Zeichen für ein perfektes Weißbier – wohl bekomm’s“

 

Steckbrief

50_20-Steckbrief

Bewertung

50_20

  • Flaschendesign + Kronkorken

Als Kronkorken-Sammler ist der „Plöpp“-Verschluss der natürliche Feind. Heute habe ich mich dazu entschlossen, mich mit diesem in ganz christlicher Manier zu verbrüdern. Eine sehr schöne kleine Bügelflasche mit einem ebenso schönen Etikett.

  • Aussehen

Ein sattes und naturtrübes bernstein-gold, gepaart mit einer weizen-typischen sehr guten Schaumbildung. Also auch hier kaum etwas auszusetzen.

  • Geruch

Es wird immer spannender. Sieht man vom Hopfenweisse von Schneider Weisse ab, habe ich noch nie einen derarigen hopfigen Geruch beim Weißbier vernommen. Zudem kommen die schon versprochenen Zitrusfrucht-Noten deutlich heraus.

  • Geschmack

Interessanterweise dominieren die Hopfennoten den Geschmack nicht derart. Vielmehr ist es malzsüßlich und leicht alkoholaromatisch. Was bei knapp 9 Umdrehungen ja auch nicht ausbleibt. Herbere hopfige Zwischentöne werden von einer dumpfen Fruchtnote unterstrichen. Leider ist es nicht ganz so frisch, wie versprochen, Dafür ist der Abgang erstaunlich harmonisch. Recht ölig und süßlich, kommt erst ganz spät eine gewisse Herbe durch.

  • Fazit

Wer über Biervielfalt im Bierjubiläumsjahr philosophiert, für den ist das 20 definitiv das Non-Plus-Ultra. Hintergrund und Präsentation sind in der Tat auch erstklassig. Dass es jedoch auch hier nicht die Bestnote gibt, liegt an dem Umstand, dass mir das Bier tatsächlich doch etwas zu experimentell und alles in allem auch zu süßlich ist. Nichtsdestotrotz erreicht es verdientermaßen herausragende 14 Pkt. (1).

50_20-Bewertung

Für weitere Infos rund um den Verband Private Brauereien siehe http://www.private-brauereien.de/de/index.php.

Zum Projekt 2016 der Junioren geht hier entlang:  http://www.private-brauereien.de/de/private-brauereien/projekt-2016-der-junioren/index.php.

Zudem bietet der Verband auch umfangreiche interessante Informationen zum Reinheitsgebot: http://www.private-brauereien.de/de/reinheitsgebot/index.php.

Und vielen vielen Dank nochmals an Markus! (http://wordpress.99biere.de)

Prost Reinheitsgebot!

Katgeorie:Bierrezension | Kommentare deaktiviert für 50. 20 – HopfenWeizenBock
April 8 2016

45. 500 Jahre Reinheitsgebot – Bierverkostung April

Schneider Weisse Tab 5 – Meine Hopfenweisse | Ayinger Jahrhundert Bier | Herrnbräu Tradition | Bolten Ur-Alt | Lausitzer Porter | Weißenoher Classic Export | Maisels & Friends Pale Ale | Aecht Schlenkerla Rauchbier Märzen | La Trappe Witte Trappist | Tripel Karmeliet

Anlässlich des Bierjubiläum-Monats stand vergangenen Montag ein ganz besonderes Thema zur Bierverköstigung in der Kierberger Eule an: 500 Jahre Reinheitsgebot. Besonders war aber vor allem auch, dass nicht nur Markus Weick durch den Abend führte, sondern auch ich die Gelegenheit hatte Biere zu präsentieren und zum Thema Reinheitsgebot zu referieren. Folgerichtig, wenn man sich das Bierjubiläum anschaut ;). Als Gast durfte ich außerdem Alex begrüßen, der den weiten Weg aus Osnabrück auf sich genommen hatte, um diesem historischen Ereignis beizuwohnen.

Bei den letzten Vorbereitungen der Präsentationsfolien, wärmten wir uns schon einmal mit einem Schneider Weisse Tab 5 – Meine Hopfenweisse auf. Ein wahrlich interessantes Bier. In Zusammenarbeit einer US-amerikanischen Craft-Beer-Brauerei wurde dieser Doppelbock entwickelt und zeichnet sich ganz besonders durch die Kalthopfung aus, welche dem Bier eine besondere Hopfennote verleihen, sodass man die mehr als 8% Alkohol gar nicht so sehr merkte. Die Kalthopfung (auch Hopfenstopfen genannt) wurde übrigens erst nachträglich in den vergangenen Jahren als Reinheitsgebots-konform zugelassen – womit wir auch schon gleich beim Thema wären.

Nach einer guten Schnitzel-Stärkung vom Wirt des Hauses ging es dann auch mit dem ersten offiziellen Bier los: Das Ayinger Jahrhundert Bier.

Ayinger Jahrhundert Bier

Der Name ist daher begründet, dass es in den 1970ern zum 100-jährigen Bestehen der Brauerei eingebraut wurde. Es muss derart erfolgreich gewesen sein, dass man es ins permanente Sortiment mit aufnahm. Das Besondere an diesem Bier ist der Bierstil des Export Hell. Halb Export, halb Hell vereint es eine recht hohe Würzigkeit mit einer gewissen Süffigkeit. Den Einstieg in das Thema Reinheitsgebot bot dabei das Etikett, welches das in Bayern übliche „gebraut nach dem bayrischen Reinheitsgebot“ trug.

Das war dann auch mein Einstieg mit der Präsentation des Herrnbräu Tradition. Ein Bier, welches nicht passender sein könnte für einen Abend wir diesen. Zum Einen kommt es aus der Geburtsstadt des heutigen Reinheitsgebots Ingolstadt, zum Anderen wird es anlässlich des Jahrestages des Bierjubiläums im April gebraut.

Herrnbräu Tradition

Geschmacklich konnte es mich auch überzeugen, ohne, dass eine besondere Klasse herausstach. Eine Flasche für zu Hause durfte ich mir dann sogar auch noch mitnehmen. Ich wüsste auch schon eine Gelegenheit, wann ich mir diese zu Gemüt führe…

Was folgte, war eine grundsätzliche Einführung in die Fragestellung: Was ist eigentlich genau das Reinheitsgebot und wie hat es sich in den vergangenen 500 Jahren entwickelt.

Reinheitsgebot - UrspungReinheitsgebot - Entwicklung

Insbesondere der Unterschied zwischen unter- und obergäriger Brauart sowie die historischen Hintergründe wurden dabei thematisiert. Dabei sei auch nochmals hervorzuheben, dass es sich beim Reinheitsgebot nicht nur um ein Verbraucherschutzgesetz handelte, sondern auch früher wie heute als Marketinginstrument zur Abgrenzung zu ausländischen Bieren herhält. Profitiert haben deshalb nicht nur die Biertrinker, sondern in erster Linie die Politik und Bierwirtschaft (früher Wittelsbacher – heute Braukonzerne).

Bevor es aber mit einer juristischen Vertiefung weiterging, durfte ich endlich das kölsche Land missionieren. Ohne selbst auf die Idee gekommen zu sein und auch ohne provozieren zu wollen, hatte ich die Ehre mit dem Bolten Ur-Alt das älteste Altbier der Welt unter die Leute zu bringen.

Bolten Ur-Alt

Das Alt wird übrigens tatsächlich deshalb so bezeichnet, da es einer der ältesten noch verbliebenen Bierstile Deutschlands ist. Auch wenn es natürlich unverbesserliche Kölsch-Liebhaber gab, kam das Bier zu Recht insgesamt sehr gut an.

Anknüpfend an die theoretischen Ausführungen zum Reinheitsgebot, ging ich dann auf die deutsche Gesetzgebung zum Bier ein.

Deutsche Bier Gesetzgebung

Dabei seien zwei geographische Besonderheiten herauszustellen, die darauf basieren, dass die Interpretation der Biergesetzte und -verordnungen bis heute Ländersache ist. Während in den südlichen Bundesländern weiterhin das strengste aller Reinheitsgebote gilt und Zucker dort grundsätzlich verboten ist, kann dieser und weitere Zutaten aus historischen Gründen bei speziell zugelassenen Bierstilen in der ehemaligen DDR verwendet werden (glücklicherweise sind jedoch nicht mehr alle damals jenseits des Eisernen Vorhangs zugelassenen Zutaten erlaubt). So ist es bis heute nicht gelungen für Gesamtdeutschland eine einheitliche juristische Norm zu finden, sodass im Einzelfall immer wieder Ausnahmeregelungen zum traditionellen Reinheitsgebot vor Gericht erstritten werden (müssen). Als interessanten Hintergrund erläuterte Markus, dass das Bewerben oder Vermarkten des heute recht beliebten Hausbrauens bis in die 1990ern in Deutschland verboten war. Untersagt war sowohl der Verkauf von Zutaten oder Hilfsmittel als auch die Inumlaufnahme von Anleitungen zum Hausbrauen.

Neben der Leipziger Gose ist eines der bekanntesten der besagten Ausnahmen das Lausitzer Porter.

Lausitzer Porter

Während bei anderen Bieren der zugesetzte Zucker kaum oder gar nicht herausschmeckbar ist (siehe 34.), ist dieser beim Lausitzer Porter leider derart dominant, dass es höchstens zum Dessert eine gute Figur machen würde.  Aber im Sinne der Biervielfalt sicher eine gute Idee.

Jenseits des Reinheitsgebotes stellte Markus, dann auch noch weitere Zutaten vor, die häufig (außerhalb des deutschen Biergesetztes) zur Bierherstellung verwendet werden:

Adjunct

Den Abschluss der offiziellen Verköstigung bot das Weißenoher Export Classic. Seines Zeichens ebenfalls ein Export Hell, womit der Kreis des Abends geschlossen wäre.

Weißenoher Export Classic

Das Besondere am Export Classic ist jedoch etwas Anderes. Als Bio-Bier definiert es die Maßstäbe von Reinheit ganz neu und öffnet somit die Perspektive eines ganz neuen Reinheitsgebotes. Geschmacklich konnte es zwar nicht mit den ersten drei Bieren mithalten (was aber auch an dem zuvor getrunkenen Porter liegen konnte), allerdings ist zu erwarten, dass der Markt von und für Bio-Biere auch in Zukunft weiter wachsen wird.

Zu Übersicht nochmals alle präsentierten Biere:

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Da ich selbst zu sehr mit der Präsentation beschäftigt war, an dieser Stelle die Hitliste von Alex:

  1. Bolten Ur-Alt
  2. Ayinger Jahrhundert Bier
  3. Herrnbräu Tradition
  4. Lausitzer Porter
  5. Weißenoher Classic Export

Es folgen Impressionen vom Abend:

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Im Anschluss an die große Verköstigung hatte ich dann noch die Gelegenheit mit Alex zwei weitere Biere aus dem reichhaltigen Sortiment der Eule zu probieren: Das Maisels & Friends Pale Ale und das Aecht Schlenkerla Rauchbier Märzen. Auch wenn ich beide bereits kannte, sind dies doch zwei sehr schöne Beispiele, wie groß die Biervielfalt selbst unter dem Reinheitsgebot sein kann.

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Als Absacker des Abends genehmigten wir beide uns dann noch zwei Biere aus meiner kleineren aber doch auch recht vielfältigen Bierauswahl:

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Während sich Alex das Witte Trapist von La Trappe einverleibte, hatte ich mit dem Tripel von Karmeliet vorliebgenommen. Zu diesem sei gesagt, dass es nicht nur vom Bierstil her ein Tripel ist, sondern auch mit Gersten-, Weizen- und Hafermalz gebraut wurde. Auch wenn ich die Verwendung von weiteren Getreidesorten wie Hafer, Reis, Mais oder Hirse ausdrücklich befürworte und hoffe, dass es hiervon zukünftig mehr auf dem Markt gibt, konnte das Karmeliet leider nicht sehr überzeugen, da es zu viel Malzsüße besaß. Das Trappist hingegen war für ein belgisches Bier außerordentlich bekömmlich.

Wie wichtig das Thema Reinheitsgebot auch medial wahrgenommen wird, zeigt das folgende Beispiel, dass Alex auf der Rückreise aus Brühl nach Osnabrück im Zug gefunden hat:

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Ein Glück, dass ich meinen Bart vor dem Abend noch gestutzt hatte… 😉

Mit voller Vorfreude auf die kommenden Verköstigungen – von denen ich selbstverständlich wieder berichten werde – verabschiede ich mich in den Abend. Prost!

Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/

 

Katgeorie:Allgemein, Bierverkostung | Kommentare deaktiviert für 45. 500 Jahre Reinheitsgebot – Bierverkostung April
Januar 1 2016

Das Reinheitsgebot

Hallo zusammen und herzlich Willkommen im Jahr des deutschen Bieres!

Grund dieses freudigen Ereignisses ist das 500-jährige Jubiläum des Bestehens des sogenannten deutschen (bzw. bayrischen) Reinheitsgebots.

Die offiziell am 23. April 1516 in Ingolstadt erlassene Verordnung (mit dem Titel „Wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll“) gilt als ältestes Lebensmittel- bzw. Verbraucherschutzgesetz der Welt.

Ihre drei wichtigsten Ziele waren:

  1. Festsetzung eines einheitlichen Mengenpreises zum Schutz vor überzogene Preiserhöhungen
  2. Schutz von Rohstoffen, welche für die Brotherstellung reserviert werden sollten, zur Sicherstellung einer ausreichenden Nahrungsmittelversorgung
  3. Ausschluss von gesundheitsgefährdenden Zusatzstoffen

Obwohl es bereits zuvor  schon Herstellungsvorgaben auf lokaler Ebene gab (z.B. Augsburg 1156 oder München 1487), war dieses das erste landesweit geltende Gesetz zur Zubereitung vom Bier.

Gemäß des Originallauts der Verordnung:

„Wir wöllen auch sonderlichen / das füran allenthalben in unsern Stetten / Märckthen / unn auf dem Lannde / zu kainem Pier / merer stückh / dann allain Gersten / Hopfen / unn wasser / genommen unn gepraucht sölle werdn.“

sollte damit vor allem der oftmals verwendete Weizen zur Brotherstellung gesichert werden. Inoffiziell sollte es aber auch dem herzoglichen Hof langfristig das lukrative Recht des Weißbier-Brauens sichern.

Im Verlaufe der darauf folgenden Jahrhunderte wurde das Gesetz mehrere Male angepasst. Nachdem die Gefahr von Hungersnöten weitgehend gebannt wurde, wurden auch wieder weitere Getreidesorten wie Weizen oder Roggen erlaubt. Differenziert nach unter- und obergäriger Brauart durften zwischenzeitlich sogar auch weitere Zutaten wie Kräuter, Salz oder Zucker beigemischt werden. Aber erst nach der Erforschung der Hefe im 19. Jahrhundert wurde diese als letzte bis dato geltende Zutat hinzugefügt.

Aufgrund der relativ späten Zusammenführung der vielen deutschen Fürsten- und Herzogtümer sowie Königreiche zum deutschen Kaiserreich, erlang das Reinheitsgebot erst 1909 im Zuge des neuen Biergesetzes deutschlandweit Gültigkeit. Der Name „Reinheitsgebot“ wurde im Übrigen erst erstmals 1918 erwähnt.

Heutzutage dürfen laut aktueller Gesetzeslage nur noch Malz, Hopfen(-extrakt), Hefe und Wasser verwendet werden. Die Verwendung von Farb- oder Süßstoffen ist damit zumindest für untergärige Biere ausgeschlossen. Obergärigen Bieren können je nach Gattung hingegen weiterhin Zusatzstoffe enthalten. Insbesondere die Verwendung von chemischen Hilfsstoffen (wie Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP)) wird durch das Gesetz jedoch nicht abgedeckt. Diese befinden sich zwar offiziell nicht mehr im Endprodukt, werden dem Bier aber während des Brauprozesses zugesetzt.

 

Weitere interessante Informationen gibt es unter anderem unter Das Reinheitsgebot  zu finden.

Wir möchten dieses Jubiläum nun an dieser Stelle mit Beiträgen rund um die Hopfenschorle gebührend feiern. Dabei sind explizit nicht alle präsentierten Biere nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut, da wir uns auch  kritisch mit diesem Thema auseinandersetzen wollen.

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