August 5 2016

Manufaktur-Bier

Zwar war der Anlass dieses Bierblogs das 500-jährige Jubiläum des deutschen „Reinheitsgebots“, dennoch möchte ich hier aber auch einige Worte zum Thema „Craft-„Bier verlieren. Schließlich verdanken wir dieser „Bewegung“ eine in den letzten Jahren deutlich gestiegene Aufmerksamkeit gegenüber des deutschen Bieres.

Die Ende der 1970er in den USA durch die Erlaubnis des Heimbrauens ihren Anfang genommene und seit etwa 15 Jahren auch in Deutschland eingesetzte Entwicklung der stärkeren Konzentration auf mehr handwerklich gebraute Biere und kleinere Brauereien, hat inzwischen sowohl Konsumenten als auch den Biermarkt selbst nachhaltig verändert. Dabei muss grundsätzlich zwischen amerikanischen und europäischen insbesondere deutschem Craft-Bier unterschieden werden. So war und ist der Biermarkt jenseits des Atlantiks weitaus konzentrierter und homogener. Zwar gibt es auch dort wieder mehr als ein Duzend Brauereien, dennoch kann die Brauereidichte gemessen an der Bevölkerung mit Deutschland immer noch nicht mithalten. Dadurch, dass es hier stets eine relative Ausgewogenheit an Brauereien unterschiedlichster Größe und Bieren unterschiedlichsten Stiles gab, hatte es die Craft-Bier-Bewegung naturgemäß erheblich schwerer in Deutschland Fuß zu fassen. Doch auch bei uns hat in den letzten Jahrzehnten eine Konzentration der Bierlandkarte stattgefunden, worunter die Qualität und Vielfalt gelitten hat. So hat auch hierzulande das Craft-Bier seine Berechtigung, ist deshalb aber auch schwieriger zu definieren. Während in den USA Brauereien mittlerer Größe kaum vorhanden sind, ist die Trennung zwischen großindustriell und handwerklich in Deutschland alleine anhand der Größe deutlich schwieriger.

Trotzdem möchte ich mich an dieser Stelle an einer Definition für deutsches Manufaktur-Bier – wie ich es übersetzen würde – wagen. Dabei orientiere ich mich grundsätzlich an den in den USA geltenden Bestimmungen, die folgende Eingrenzung vornehmen:

  • Small:
    Annual production of 6 million barrels of beer or less (approximately 3 percent of U.S. annual sales). Beer production is attributed to the rules of alternating proprietorships.
  • Independent:
    Less than 25 percent of the craft brewery is owned or controlled (or equivalent economic interest) by an alcohol industry member that is not itself a craft brewer.
  • Traditional:
    A brewer that has a majority of its total beverage alcohol volume in beers whose flavor derives from traditional or innovative brewing ingredients and their fermentation. Flavored malt beverages (FMBs) are not considered beers.

Wie bereits beschrieben, lässt sich dies jedoch nicht 1:1 auf die deutschen Brauereien umsetzen. Alleine die Frage nach der Größe führt aufgrund der hohen Diversifikation fast unweigerlich zu einem unbefriedigenden Grenzwert. Auch macht ein IPA einen deutschen Brauer nicht automatisch zum Biermanufakteur. Vielmehr sollte auch hierzulande der Fokus auf traditionelle Bierstile gelegt werden, wenngleich eine breitere Produktpalette für alle Seiten vorteilhaft sein kann. Kritisch betrachte ich ferner die Entwicklung, dass es immer wieder Unternehmer gibt, die sich in andere Brauereien „einmieten“ dort brauen lassen und das Bier dann nur noch hipp vermarkten. Dies schadet dem Ruf von handwerklichem Bier und zeigt, dass Authentizität eine ganz wichtige Rolle hierbei spielen muss. Es sind nicht die international agierenden Unternehmer, sondern die lokalen Brauer, die eine entsprechende Wertschätzung verdienen.

  • Größe:
    Hier würde ich mich an der Klassifikation der Brauereigröße orientieren und 250.000hl p.a. (etwa 0,25% des deutschen Gesamtausstoßes) als Grenzwert setzen, welcher die Grenze zur Großbrauerei angibt. Es gilt aber vor allem der Ansatz: Mehr Regionalität ist besser als weniger.
  • Struktur:
    Die Brauerei sollte entweder inhabergeführt oder ohne Beteiligung von großindustriellen Braugruppen über 49% in jedem Falle aber eigenständig sein.
  • Prozess:
    Der Brauvorgang sollte in einer Hand liegen und darf nicht in unabhängige Teilprozesse aufgebrochen sein, für die es keine gemeinsame Zuständigkeit und Verantwortung gibt. Zudem muss hier tatsächlich auch die Handarbeit und das spezifische Wissen über das Bier(brauen) im Vordergrund stehen.
  • Produkt:
    Die für das Bier eingesetzten Zutaten sollten aus natürlicher und möglichst regionaler Quelle stammen. Als grundsätzliche Orientierung und Leitfaden dienen die in Das Reinheitsgebot – Kritik & Ausblick genannten Kriterien. Um einen möglichst hohen Manufaktur-Grad zu erreichen, ist es hierbei erstrebenswert auch auf handwerklich erzeugte Rohstoffe zurückzugreifen.
    Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, welche Bierstile gebraut werden, wobei eine Orientierung an hiesige und tradtionelle Biere erstrebenswert sind. Auch die Menge der unterschiedlichen Biere ist in erster Linie unerheblich.
  • Transparenz:
    Wünschenswert wäre zudem eine möglichst hohe Informationsvermittlung an den Kunden hinsichtlich der oben genannten Parameter und der Brauerei selbst.

Völlig unabhängig von dieser Definition ist Craft- oder Manufaktur-Bier selbstverständlich kein unbedingter Gradmesser für die Qualität des Bieres. Auch wenn unterstellt werden kann, dass bei handwerklicher Behandlung des Biers auch in den meisten Fällen eine hochwertigeres Produkt entsteht, so gilt das sicher nicht für alle Bier-Manufakturen gleichzeitig aber auch für einige Großbrauereien und ist abhängig vom Bier selbst.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick in unser westliches Nachbarland Belgien, was es bis heute geschafft hat eine lebendige Bierkultur aufrecht zu erhalten. Dafür wurden sie sogar mit dem immatieriellen Weltkulturerbe-Titel der UNESCO belohnt. Meiner Meinung nach sollte das auch unser Ansporn sein, uns wieder mehr auf Qualität, Natürlichkeit und Regionalität zu fokussieren.

Vor diesem Hintergrund möchte ich auch auf die interaktive „Craft-Beer-Map“ mit knapp 500 Craft Beer Hotspots (Bars, Brauereien, Shops & Events) in ganz Deutschland von den Kollegen Hopfenhelden – Das Craft Beer Magazin hinweisen, auch wenn diese den Begriff „Craft“ noch etwas anders auslegen:

Klicke hier wenn Du mehr über das Thema Craft Beer erfahren möchtest.

Weitere Informationen hierzu auch unter:

https://www.brewersassociation.org/statistics/craft-brewer-defined/
https://www.facebook.com/craftbeerbrewers/
https://www.die-freien-brauer.com/sieben-werte.html
http://www.private-brauereien.de/de/bierkultur/region/index.php
http://deutschekreativbrauer.de/der-verein/