Leikeim Steinbier | Frankenheim Alt | Weltenburger Barock | Lindemans Geuze | Aventinus Eisbock
In diesem Monat gab es aufgrund der anhaltenden Beschränkungen der Corona-Krise in der Brühler Eule erstmals den nunmehr 54. Biermontag im Online-Format. Biersommelier Markus Weick hatte dazu eigens die Eule in ein Studio verwandelt, einen YouTube-Channel eröffnet und im Vorfeld über 100 Bierpakete in Brühl ausgeliefert.
Online
Anstatt den Kierberg hinauf zu radeln habe ich mich also mit dem ein oder anderen Bier vor dem Laptop gesetzt und der Video-Premiere des Online-Biermontags zugeschaut. Hier konnte man während des Trinkens den Vortrag von Markus verfolgen, der durch die verschiedenen Biere geführt hat. Dabei war die optische Darbietung zwar etwas im Vintage-Look, das Video selbst aber lief gut und passte von der inhaltlichen Zusammenstellung und vom Tempo zur Simulation eines Biermontags vor Ort.
Die Videos zum Biermontag sind übrigens noch bis mindestens Ende des Monats unter https://www.youtube.com/channel/UC5pkDMoWIkfj6cpKJkoObaQ aufrufbar.
Thema
Aufhänger des Themas war für Markus die Meldung, dass es zum vergangenen Winter aufgrund der allgemein milden Temperaturen kaum Eiswein geben konnte. Doch auch das Thema Bier und Klima bzw. Temperaturen ist nicht an den Haaren herbeigezogen. Schließlich haben Temperaturen in der Vergangenheit auch einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung und Verbreitung von Bieren gehabt. So spielt bis heute die Temperatur beim Gärverfahren eine große Rolle. Obwohl diese natürlich inzwischen industriell gesteuert werden, kann insbesondere der Heimbrauer bestätigen wie wichtig die richtige Temperatur für die Wirkung von Bierhefen hat. Dabei ist vor allem die untergärige Hefe an relativ niedrige Temperaturen gebunden, während obergärige Hefen mehr Toleranz nach oben zulassen. Das ist auch der Grund, warum zum Einen untergärige Biere (wie Pils) historisch wesentlich später entstanden, da aufgrund der zumeist ganzjährigen Möglichkeit des Brauens obergärige Hefen (unbewusst) vorgezogen wurden. Erst mit regionalen Sommerbrauverboten (Stichwort Maibock) und der Entwicklung der Kältemaschinen begann der Siegeszug der untergärigen Biere.
Zum Thema Bier und Klima bekam im Video auch der Bürgermeisterkandidat der Grünen in Brühl – seines Zeichens Dipl. Geograph – die Möglichkeit sich über einen Einspieler zu präsentieren und das Thema aus seiner Sicht dazustellen. Dabei ging er relativ global auf den Klimawandel ein, ohne einen wesentlichen Bezug zum Bier herzustellen. Für meinen Geschmack hatte es daher etwas zu viel einer Dauerwerbesendung für sich und seine Partei. Einem Bürgermeisterkandidaten (egal welcher Partei) im Rahmen des Biermontags eine derartige Plattform zu bieten, sehe zumindest ich deshalb recht kritisch.
Die Biere
Schon zu Beginn der Verkostung startete Markus mit dem wohl bekanntesten Bier seiner Art in Deutschland: dem Leikeim Steinbier. Früher noch als wirkliche und günstige Hitzequelle für das Maischen und Kochen des Bieres benutzt, werden heutzutage die heißen Steine nur noch zur Karamellisierung des Malzzuckers während des Kochens und der Gärung in den Sud gelegt.
Traditionell wurde mit Steinen in Skandinavien und vor allem in Kärnten gebraut:
Als nächstes gab es wahlweise ein Frankenheim oder Schlüssel Alt. Dabei ging Markus nicht nur auf die verschiedenen Altbiertraditionen in Düsseldorf, am Niederrhein und in Münster ein, sondern machte einen kurzen Exkurs zur Verknüpfung der schon eingangs erwähnten Brauart mit dem Klima. So hat sich vor allem in Nordrhein und Münsterland die obergärige Brauart bis heute gehalten, da durch den Einfluss ozeanischen Klimas die Temperaturen ganzjährig eher milder sind. Im Vergleich dazu hat sich seit etwa dem 15. Jahrhundert in Bayern nach und nach mit Ausnahme des Weißbieres die untergärige Brauart durchgesetzt – u.a. auch deshalb, da dort die Temperaturen ganzjährig niedriger liegen.
Als nächstes folgte das bis heute beliebteste Bier der Eule: das Weltenburger Barock Dunkel.
Als vorletztes Bier kam dann wieder wahlweise ein Lambic oder die Geuze von Lindemans dran. Das Besondere und damit auch wieder die Verknüpfung zum Thema Klima: Beide Biere werden mit wilden Hefen gebraut, die nur rund um Brüssel gedeihen. Grund hierfür ist ein äußerst günstiges Mikroklima, dass deren Entwicklung begünstigt. Manche Gärräume werden deshalb auch nur sehr rudimentär gereinigt, um diese wilden Hefen nicht zu vertreiben.
Das Schmankerl des Abends war der Aventinus Eisbock. Hier schloss sich der Kreis zu Beginn der Verkostung, in der Markus auf den Eiswein einging. „Erfunden“ oder besser gefunden wurde der Eisbock, nachdem zufällig eines Winters ein Doppelbockbier in einem Fass nach längerer Zeit unter Schneemengen wiedergefunden wurde. Als das Bier wieder auftaute probierten die Brauer die zähflüssige Schmelze und waren begeistert von dem intensiven Aroma. Seither wird nicht nur Eisbock bewusst hergestellt, sondern auch immer wieder versucht den höchstprozentigsten der Welt zu kreieren. Sieger in diesem jahrelangen Wettstreit mit dem schottischen Brewdog ist der 57%ige Schorschbock aus dem fränkischen Gunzenhausen.
Zum Abschluss zeigte Markus, wie man zu Hause mit entsprechendem Zubehör auch leicht selbst einen Eisbock zubereiten kann. Dabei nimmt man am besten dunkles stärkeres Bier und lässt es für mindestens 24 Stunden einfrieren. Um den Eisbock zu erhalten muss das gefrorene Bier nun angetaut werden. Dabei trennen sich zunächst die alkoholhaltigen und aromareichen von den noch gefrorenen wässrigen Bestandteilen. Dieser Extrakt wird dann aufgefangen und entweder sofort verkostet oder erneut in einer Flasche abgefüllt.
Fazit:
Grundsätzlich finde ich sehr positiv, dass der Biermontag nicht durch die Corona-Krise ausfallen muss(te). Mindestens genauso positiv zu sehen ist der wirklich sehr große Zuspruch der Brühler Bürger, die den Online-Biermontag zum Biermontag mit der größten Teilnehmerzahl gemacht und somit aktiv die Eule unterstützt haben.
Auch für mich hatte die Online-Variante seinen Vorteil: Dadurch, dass ich mich nur an den Schreibtisch setzen musste, hatte ich es relativ entspannt mal pünktlich zum Biermontag geschafft.
Allerdings war neben der Bildqualität auch die Live-Simulation zunächst ziemlich gewöhnungsbedürftig. Die vielen Schnitte der Videos waren durch die wechselnden T-Shirts von Markus zwar durchaus unterhaltsam, haben aber leider auch schnell die Illusion eines Live-Videos zerstört.
Auch wenn es im ersten Video eine Chat-Funktion gab, hat mir außerdem doch die persönliche Interaktion gefehlt, die einfach zum Biertrinken dazugehört und eigentlich das Wesen einer Bierverkostung ist.
Hinzu kommt ein technischer Nachteil: Während man sich sonst in de Eule die fünf Flaschen Bier zu dritt teilt, hätte man nun alle fünf selbst trinken dürfen bzw. müssen. Ich hatte mich daher auf das Alt und das Pils beschränkt und habe die anderen Biere zu meinem Deopt hinzugefügt.
Auch wenn es wohl zunächst auch im Mai nicht in die Eule gehen wird und es somit zu einer nächsten Auflage des Online-Biermontag geben wird, werde ich selbstverständlich wieder versuchen zu berichten.
Weitere Informationen zur Eule, zu den Aktionen und zum Biersommelier Markus Weick unter: http://wordpress.99biere.de/ & http://eule-kierberg.de/